Kampf um Kleinstbeträge, oder wo der Amtsschimmel wiehert

Mainz · Mit 130 Millionen Euro werden bis Ende 2013 Projekte in Rheinland-Pfalz aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert. Laut CDU-Politikern verursacht das Land jedoch mit überzogenen Prüfungen Probleme bei der Abwicklung. Das Mainzer Sozialministerium weist den Vorwurf als falsch zurück.

Mainz. Der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz wacht offenbar über jeden Cent, der aus dem Kreishaushalt fließt. Schon oft hat er sich darüber aufgeregt, dass die Landesregierung aus seiner Sicht den Kommunen finanziell übel mitspiele. Im jüngsten Fall, den Christdemokrat Schartz gemeinsam mit seiner Parteikollegin Christa Klaß anführt, geht es zwar nur um Kleinstbeträge. Doch Kleinvieh, sagt der Volksmund, macht auch Mist.
Und darum geht\'s: Nach Angaben von Schartz und Klaß gibt es etliche Beschwerden "über die Handhabung des Landes Rheinland-Pfalz bezüglich der Rückforderungen kleinerer Beträge im Rahmen EU-geförderter Projekte". Ein Beispiel aus seinem Landkreis veranschauliche "deutlich überzogene Prüfungen des Landes", kritisiert Schartz.

So habe das Land dem Kreis eine Rückforderung von 3,36 Euro wegen fehlerhafter Kilometerabrechnung zukommen lassen. Daneben seien in einem gesonderten Bescheid 49 Cent über die Verzinsung dieses Kleinbetrages gefordert worden.
Günther Schartz und die EU-Abgeordnete Christa Klaß sind sich einig: "Dieser unangemessene Verwaltungsaufwand - Personalkosten, Porto und Bearbeitungszeit - gleicht einem Schildbürgerstreich." Zumal deshalb, weil der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, Leiter der Arbeitsgruppe zum Abbau der Bürokratie in der EU, recherchiert habe, dass die Europäische Kommission "Geringfügigkeitsklauseln" bis 200 Euro eingerichtet habe. Die EU-Kommission erwarte gar nicht von den Mitgliederstaaten, Kleinstbeträge einzuziehen, bei denen die Verwaltungskosten höher seien als diedann fälligen Beiträge.
Im zuständigen Mainzer Sozialministerium löst die Attacke Verwunderung aus. Und offenbar Betriebsamkeit. Dann kommt die Antwort: alles falsch. Die Angaben von Edmund Stoiber könnten nicht bestätigt werden. Rückfragen bei der EU-Kommission, Generaldirektion Beschäftigung, hätten keine Hinweise auf die Existenz einer Bagatellgrenze ergeben. "Uns liegen nur Dokumente vor, die sich ausdrücklich auf die komplette Erstattung der festgestellten Fehlerbeträge an die EU-Kommission beziehen", teilt Ministeriumssprecherin Katharina Bennewitz mit.
An die EU-Förderung sind laut Ministerium "ein umfangreiches Kontrollsystem und die klare Forderung" geknüpft, entstandene Fehler in der Förderung zu beheben und der EU-Kommission zu viel gezahltes Geld wieder zukommen zu lassen. Das Land berücksichtige alle Verwaltungsvereinfachungen, die im Europäischen Sozialfonds möglich seien.
Dass es teils zu einem immensen Verwaltungsaufwand kommt, vor allem bei kleinen Rückforderungsbeträgen, erkennt das Sozialministerium durchaus. Aber es reicht den schwarzen Peter nach Brüssel weiter. "Wünschenswert wäre eine europaweite Festlegung einer einheitlichen Bagatellgrenze durch die Europäische Kommission", sagt Katharina Bennewitz. Um gleich anzufügen: "Diese Möglichkeit ist aber in den EU-Verordnungen, die Basis der ESF-Förderung sind, nicht vorgesehen." Mit anderen Worten: Der Amtsschimmel wiehert auch künftig kräftig.fcg

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