Ärger über "Hinhaltetaktik"

Gusterath/Koblenz · Was als Vorzeigeprojekt startete, stößt immer wieder auf bürokratische Hürden: Laut Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord wird sich das Genehmigungsverfahren für das neue Gusterather Bürgerhaus samt Schulerweiterung noch länger hinziehen. Leidtragende sind die Schulkinder, die aus Platzmangel derzeit in Schichten essen müssen.

Gusterath/Koblenz. "Wir warten täglich darauf, dass die Zusage kommt." Das sagte der Gusterath er Ortsbürgermeister Alfred Bläser Anfang der vergangenen Woche im Gespräch mit dem TV. Zu diesem Zeitpunkt hoffte Bläser noch, dass die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord rasch über den abgeänderten Plan der Gemeinde für das neue Bürgerhaus entscheiden würde. Denn immerhin sind bald zwei Jahre vergangen, seit die SGD Nord einen ersten Antrag der Gemeinde als zu teuer abgelehnt hatte. Doch die Behörde will sich nicht drängen lassen: "Nach derzeitigem Planungsstand geht die SGD Nord davon aus, dass die Prüfung im Juli 2014 abgeschlossen sein wird", teilte eine Sprecherin auf TV-Anfrage mit. Und danach müsse das Vorhaben weiter geprüft werden - von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier. Wie lange das dauert - darauf will sich ADD-Sprecherin Eveline Dziendziol nicht festlegen lassen: "Das kommt auf die Komplexität des Vorhabens an", sagt sie.
Danach ist die Reise des Antrags übrigens immer noch nicht vorüber: Den endgültigen Segen erteilt das Innenministerium in Mainz.Gebäude in Passivbauweise


"Ich bin höchst verärgert", sagt Ortsbürgermeister Bläser, als er von der neuerlichen Wartezeit erfährt. Seit zwei Jahren kämpft er für das neue Bürgerhaus. Immer wieder hätten die Gemeinde und die Verbandsgemeinde, die das Bauprojekt (siehe Extra) gemeinsam tragen, neue Unterlagen besorgen müssen und Abänderungen machen müssen. Mitte Mai hatte der Gusterather Gemeinderat abermals debattiert und entschieden, das Bürgerhaus in Passivbauweise zu errichten. "Ich dachte, das sind kleine Abänderungen, die in 14 Tagen abgenickt werden - und nicht schon wieder Monate zur Genehmigung benötigen", sagt Bläser.
Der Ortsbürgermeister wollte eigentlich in den Sommerferien mit dem Abriss des alten Bürgerhauses loslegen. Dann wäre die Schule nebenan nicht von der Baumaßnahme betroffen gewesen. Jetzt können sich die Schulkinder auf Absperrungen und Baustellenkrach während des Unterrichts einstellen.
Auch Rosi Ewen, Leiterin der Grundschule, kann für die neuerliche Wartezeit kein Verständnis aufbringen. "Wir wachsen im Sommer auf mehr als 180 Schüler an - so viele hatte die Schule noch nie." 70 Ganztagsschüler müssten verköstigt und betreut werden. "Aber wir haben keinen Platz dafür." Schon jetzt habe man einen Raum in der Volkshochschule notdürftig als Mensa umfunktionieren müssen. "Die Schüler müssen dort in drei Schichten essen, weil wir sie nicht alle reinkriegen", sagt Ewen. Durch den Schüler-Zuwachs müsse zudem einer der beiden Aufenthaltsräume für die Ganztagsschüler in einen Klassenraum umgewandelt werden. Ewen: "Dann steht für die 70 Ganztagsschüler ein einzelner Aufenthaltsraum so groß wie ein normales Klassenzimmer zur Verfügung. Das wird eng." Die 59-Jährige setzt inzwischen auf die Hilfe von Petrus: "Wir müssen zusammenrücken und auf gutes Wetter hoffen. Dann können sich die Kinder auf dem Schulhof aufhalten."
Ortschef Bläser will alle Hebel in Bewegung setzen und mit Landrat und Landtagsabgeordneten sprechen. "Wenn da jetzt nicht massiv Druck gemacht wird, dann können wir in diesem Jahr gar nicht mehr mit dem Bau beginnen", sagt er.
Dabei war das Vorhaben eigentlich ein Leuchtturmprojekt: Ortsgemeinde und Verbandsgemeinde tun sich bei einem Bau zum Wohl aller zusammen. "Uns wurde am Anfang von allen Seiten her Zustimmung und grünes Licht signalisiert", sagt Bläser enttäuscht. "Diese Hinhaltetaktik habe ich nicht erwartet."Meinung

Zwei Jahre sind zu lang
Vereine, die sich für die Dorfgemeinschaft engagieren, warten jahrelang auf geeignete Räume. Schulkinder müssen in Schichten essen und werden zum Spielen "nach draußen" geschickt - und dennoch wollen die Genehmigungsbehörden erst einmal (und schon wieder) in aller Ruhe ihre Entscheidungen abwägen. Es geht um Steuergeld, das ist klar, und das hat mittlerweile auch jeder begriffen. Um das zu sparen, haben die Ortsgemeinde und die Verbandsgemeinde ihr gemeinsames Unterfangen ja ursprünglich begonnen. Welches Signal wollen die Behörden den Menschen also senden? Vielleicht dieses: Kommunen sollen sich in Zukunft drei Mal überlegen, ob sie ein gemeinsames Projekt planen wollen. Denn das Steuergeld, das durch Synergieeffekte eingespart wird, versickert stattdessen während des Jahre währenden Genehmigungsprozesses. trier@volksfreund.deExtra

Das Projekt: Die Verbandsgemeinde Ruwer und die Ortsgemeinde Gusterath haben den Bau eines neuen Bürgerhauses und den Ausbau der örtlichen Grundschule gemeinsam geplant. Gemeindesaal, Schulmensa und Haustechnik sollen eine kostensparende Einheit bilden. 2,7 Millionen Euro wurden dafür veranschlagt, doch die SGD Nord lehnte das Projekt im Herbst vergangenen Jahres als zu teuer ab. Die Gusterather speckten ab und konnten die Ausgaben auf 2,4 Millionen Euro reduzieren. Im Mai änderte der Gemeinderat die Pläne, um das Gebäude in Passivbauweise errichten zu können. Die Genehmigung dafür steht momentan noch aus. Das alte Bürgerhaus sollte bereits 2012 abgerissen werden - das scheiterte jedoch an der Genehmigung der ADD. sen

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