Autorenlesung Flutopfern nicht nur im Gebet beistehen

Trier · Stephan Wahl, katholischer Priester und vielen bekannt vom „Wort zum Sonntag“ der ARD , las im Trierer Dom unter anderem aus seinem „Ahr-Psalm“.

 Nach der Benefiz­lesung im Trierer Dom: Der Priester und Autor Stephan Wahl signiert Bücher für Besucherinnen.

Nach der Benefiz­lesung im Trierer Dom: Der Priester und Autor Stephan Wahl signiert Bücher für Besucherinnen.

Foto: Hoff Ludwig

Als katholischer Geistlicher erreichte Stephan Wahl einst beim „Wort zum Sonntag“ nach den „Tagesthemen“ und vor dem Spätfilm (1999 bis 2011) am heimischen Bildschirm ein Millionen­publikum. In der Hohen Domkirche in Trier waren es am vergangenen Freitag mit 100 Zuhörern – unter Corona-Bedingungen – zwar ungleich weniger. Aber auch einige Nummern kleiner, was die Zuhörerzahl angeht, verfehlten Wahls Worte ihre Wirkung auf die Besucher nicht. Astrid Berg aus Trier sagt am Ende der anderthalbstündigen Benefiz-Lesung dem Volksfreund: „Ich bin tief bewegt und gehe voller Begeisterung über das Gehörte nach Hause.“ Die Kirche brauche Leute, die so nah am Menschen seien wie Stephan Wahl.

„Zwischen Ahr-Psalm und Klagemauer – Ungehobelte Gedanken aus Jerusalem“ lautet die Überschrift von Wahls Lese­reise, die ihn in den kommenden Tagen noch in weitere Gotteshäuser führt. Der Erlös der Aktion kommt den Opfern der Flut­katastrophe im Ahrtal zugute, seiner Heimat aus früheren Tagen.

 Stephan Wahl, bundesweit bekannt geworden mit dem „Wort zum Sonntag“ im ARD-Fernsehen, las im Trierer Dom aus seinen Publikationen.

Stephan Wahl, bundesweit bekannt geworden mit dem „Wort zum Sonntag“ im ARD-Fernsehen, las im Trierer Dom aus seinen Publikationen.

Foto: Hoff Ludwig

„Jerusalem“ deshalb, weil Wahls Gedanken und Gebete allesamt in der Heiligen Stadt entstanden sind. „Ungehobelt“, weil sich Wahl als Autor zahlreicher Bücher – oft von spontanen Gedanken getrieben – zwiespältig wie kritisch mit seinem Gott aus­einander­setzt. Erst recht, wenn so unsägliches Unheil über Mit­menschen hereinbricht wie jüngst an der Ahr und anderswo. Monsignore Wahl, so sein päpstlicher Ehrentitel, versteht es, den Menschen trotz schwerster Schicksale Mut zu machen. Er drifte nicht in gottlose Resignation ab und verharre dort zeitlebens, obwohl auch er zuweilen einen „rätselhaften Gott“ erkennen muss. Un­angetastet bleibt sein großes Gottvertrauen – unter­brochen mitunter nur für kurze Gedanken­blitze. Und dennoch: Bei solch vernichtendem Geschehen kam manch ein Gottes­zweifel auf bei dem Priester aus dem Trierer Bistum, dass der Allmächtige so etwas überhaupt zuließ. Ein Zitat aus seinem berühmt gewordenem „Ahr-Psalm“, den Wahl in Jerusalem zu Papier brachte, wo er im Ostteil der Heiligen Stadt lebt und in der Pilgerseelsorge tätig ist: „…Der Bach, den ich von Kind an liebte, sein plätscherndes Rauschen war wie Musik, zum todbringenden Ungeheuer wurde er, seine gefräßigen Fluten verschlangen ohne Erbarmen. Alles wurde mir genommen. Alles! Weggespült das, was ich mein Leben nannte.“ Woran sich die Frage nach dem Warum anschloss: „Wo warst du Gott, Ewiger, hast du uns endgültig verlassen? Du bist doch all­mächtig, dein Finger­schnippen hätte ge­nügt, und all dies wäre nicht ge­schehen.“

„Ich lebe gerne in Jerusalem und fühle mich auch sicher,“ sagt Wahl über seine neue Wahlheimat, ohne jemals die Menschen in seinem Heimat­bistum zu vergessen. Was auf Gegenseitigkeit beruhen dürfte: Der von tiefem Gottvertrauen geprägte Theologe ließ stark gerührte und ergriffene Menschen zurück. Wahl sagt: „Das Leben geht weiter, anders, vielleicht völlig anders …“ 

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