Bürgerservice Trier kündigt weitere Entlassungen an

Trier · Der Bürgerservice Trier schlägt Alarm: Öffentlich geförderte Jobs werden massiv zurückgefahren. "Die Leidtragenden sind die Langzeitarbeitslosen", sagt Geschäftsführer Horst Schneider. Der Bürgerservice musste die Zahl seiner Ein-Euro-Jobs von 465 auf 215 herunterfahren. Weitere Kürzungen stehen bevor. "Wenn es so weitergeht, ist das Unternehmen in Gefahr."

 Senad Fetuani (links) und Mahmud Mozafari nehmen an einem berufsvorbereitenden Bildungsprojekt der Bürgerservice GmbH teil. Ziel ist es, Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren ohne Berufsausbildung auf eine Ausbildung oder Beschäftigung vorzubereiten. TV-Foto: Friedemann Vetter

Senad Fetuani (links) und Mahmud Mozafari nehmen an einem berufsvorbereitenden Bildungsprojekt der Bürgerservice GmbH teil. Ziel ist es, Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren ohne Berufsausbildung auf eine Ausbildung oder Beschäftigung vorzubereiten. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor steckt in einer Krise. "Man könnte es auch als Phase der Ratlosigkeit bezeichnen", sagt Horst Schneider. "Welche Pläne hat die Bundesregierung? Was auch immer sie vorhat, die Langzeitarbeitslosen scheinen dabei keine tragende Rolle mehr zu spielen." Die öffentlich geförderte Beschäftigung in Form von Ein-Euro-Jobs (siehe Extra) gehe weiter massiv zurück, betont der Geschäftsführer der Bürgerservice GmbH. Der Bund kürzt, die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds gehen zurück.

Weggestrichen und verboten



"Die Ein-Euro-Jobs sind mit Sicherheit nicht die tollste und schönste Lösung, die wir uns vorstellen können", erklärt Schneider. "Aber sie sind das einzige Instrument zur Integration der Langzeitarbeitslosen, das wir noch haben." Die Instrumente mit dem Ziel, einen seit vielen Jahren ohne Arbeit lebenden Menschen in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Mindestlohn zu vermitteln, seien immer weiter weggestrichen und verboten worden. "Und jetzt müssen auch die ungeliebten Ein-Euro-Jobs dran glauben", sagt Schneider. Dabei biete die Stadt Trier genug infrastrukturelle Problematiken und damit mögliche Einsatzfelder für willige Langzeitarbeitslose. "Die Leute würden auch gerne etwas Sinnvolles tun", betont der Geschäftsführer. "Einen Spielplatz in Ordnung bringen. Den Wald räumen. Aber all das wird konsequent verboten."

Ein ohnehin sensibles Thema. "Es geht selbstverständlich absolut nicht darum, dass die öffentlich geförderte Beschäftigung dem nicht geförderten handwerklichen Mittelstand die Aufträge wegnehmen und Wettbewerbsverzerrung betreiben will. Wir wollen ja gar nicht alles machen." Aber manche Straßen, Plätze und Gebäude in und um Trier seien in einem sehr schlechten Zustand, "und unsere Leute müssen sinnlose Beschäftigungstherapien machen".

Der harte Kurs der Bundesregierung gegen die Ein-Euro-Jobs werde weitere Entlassungen beim Bürgerservice bewirken, kündigt Schneider an. Genaue Zahlen könne er noch nicht nennen. "Wenn es so weitergeht wie bisher, ist unser gesamtes Unternehmen in Gefahr."

Die Branche stehe vor einem gewaltigen Veränderungsprozess. Schneider: "Es wird eine Konzentration auf Berufsvorbereitung und Ausbildung von Jugendlichen und jungen Schwerbehinderten einsetzen. Für ältere Langzeitarbeitslose gibt es keine Anreize und wohl bald auch keine Instrumente mehr. Die ersten Ideen aus Berlin gehen bedauerlicherweise noch schärfer in die Richtung, die wir befürchten."

HINTERGRUND EIN-EURO-JOB



Der Ein-Euro-Job ist in Amtsdeutsch eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung. Dabei handelt es sich um eine Verdienstmöglichkeit für Empfänger von Hartz IV, deren Entlohnung nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird. Die Höhe dieser Entlohnung ist im Gesetz nicht festgelegt. Die Empfehlung des früheren Wirtschaftsministers Wolfgang Clement, ein bis zwei Euro pro Stunde zu zahlen, gab diesem Modell den Namen Ein-Euro-Job. Wer einen solchen Job hat, gilt nicht als arbeitslos. Der Ein-Euro-Job ist eine leichte gemeinnützige Arbeit und umfasst eine Wochenarbeitszeit von 20 bis 30 Stunden. Sein eigentliches Ziel, Langzeitarbeitslose wieder stabil an den Arbeitsmarkt zu bringen, erreicht er so gut wie nie und ist deshalb heftig umstritten. jp

HINTERGRUND EIN-EURO-JOB

EXTRA BÜRGERSERVICE

Die Bürgerservice GmbH ist ein Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen mit 330 Mitarbeitern an sieben Betriebsstätten in der Stadt Trier und den Kreisen Trier-Saarburg, Bitburg-Prüm und Bernkastel-Wittlich. Die Gesellschaft umfasst Betriebe aus den Bereichen Garten- und Landschaftsbau, Baudienstleistungen, Photovoltaik, Maler und Lackierer, Recycling und weiteren Schwerpunkten. Außerdem nimmt sich der Bürgerservice als Integrationsunternehmen der Menschen an, die auf dem regulären Arbeitsmarkt nicht die besten Chancen haben: Langzeitarbeitslose, schwer vermittelbare Kandidaten sowie Menschen mit Behinderungen. Sie sollen mit Hilfe von öffentlich bezuschussten Projekten qualifiziert, beschäftigt und an den ersten Arbeitsmarkt geführt werden. jp

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