Corona-Krise Hospitien-Fernsehen peppt den Heimalltag auf

Trier · Bewohner von Pflegeeinrichtungen trifft das Kontaktverbot während der Corona-Krise besonders hart. Tägliche Live-Übertragungen machen das Leben dort leichter.

 Die Psychologiestudenten Andreas Deuß und Stephan Salber gestalten eine Stunde lang ehrenamtlich das Programm für Hospitien-Fernsehen. Heimleiterin Birgit Alt-Resch schaut ihnen fürs Pressefoto kurz über die Schultern.

Die Psychologiestudenten Andreas Deuß und Stephan Salber gestalten eine Stunde lang ehrenamtlich das Programm für Hospitien-Fernsehen. Heimleiterin Birgit Alt-Resch schaut ihnen fürs Pressefoto kurz über die Schultern.

Foto: TV/Katja Bernardy

Der Park des Alten- und Pflegeheims Stift St. Irminen ist eine Oase mitten in der Stadt und bietet viel Platz. Doch an diesem Dienstagnachmittag sitzen nur wenige Senioren mit Mundschutz auf den Bänken und genießen die Maisonne. Es könnte an der Uhrzeit liegen. Denn von 14.30 Uhr bis 15.30 Uhr wird ein täglich variierendes Programm aus der St. Willibrord-Kapelle auf die Fernseher in die Zimmer der Einrichtungen der Vereinigten Hospitien übertragen.

Auch in Irminen wie die Trier sagen. Andreas Deuß und Stephan Salber sitzen in der Kapelle vor ihrem Laptop, eine Kamera zeichnet auf, was sie 60 Minuten lang sagen und tun. Deuß spielt Gitarre, beide singen live ,völlig losgelöst von der Erde’, Peter Schillings 1983er-Jahre-Hit Major Tom. Zuvor hatten die beiden Psychologiestudenten der Uni Trier mit einem Ratespiel unterhalten, aus dem Stadtleben geplaudert und nochmal ein Lied angestimmt, dessen Entstehungsgeschichte näher an den Geburtsjahren der Zuschauer gelegen haben dürfte als Major Tom.

Die Corona-Krise hatte alte und kranke Menschen besonders hart getroffen. Sie gehören zur Risikogruppe, eine Ansteckung mit dem neuen Virus könnte besonders gefährlich sein. Deshalb wurden sie wochenlang abgeschottet, von Ehepartnern, Kindern, Enkeln. Nur übers Telefon oder Skype konnten sie Kontakt nach außen halten – und andersherum. Mittlerweile wurde das Kontaktverbot gelockert, unter Auflagen ist Besuch wieder erlaubt. Auch die beliebten Gruppenangebote vom gemeinsamen Basteln bis zur Gymnastik in Irminen sind der Corona-Krise bis heute zum Opfer gefallen.

„Mit all diesen Maßnahmen war schnell klar, dass wir unseren Bewohnern etwas anbieten wollten“, sagt Heimleiterin Birgit Alt-Resch. Man sei schon lange weg von der Sauber-und-satt-Pflege, Angebote gehörten zum Alltag im Heim. Alt-Resch hatte die Idee, die vorhandene Technik zu nutzen. Denn regelmäßig werden live Gottesdienste übertragen. Seit dem Besuchsverbot nun auch Lesungen, Andachten und Anleitungen. Statt persönlich laden Mitarbeiter via Bildschirm ein, beweglich zu bleiben oder zu basteln. Und junge Studierende wie Andreas Deuß und Stephan Salber unterhalten die pflegebedürftigen Menschen eine Stunde lang und erzählen, was draußen passiert.

Auch Prominente wie Bänkelsänger Andreas Sittmann gehören zu den ehrenamtlichen Moderatoren und Gestaltern im Hospitien-TV wie die Aktion genannt wird. Das Angebot werde sehr gut angenommen, sagt Alt-Resch. Für viele Bewohnen seien die täglichen Live-Übertragungen mittlerweile eine feste Größe im Heimalltag, für einige sogar Mittelpunkt des Tages. Das Betreuungsangebot sei generell sehr wichtig. Es gehe dabei nicht nur darum, Langeweile entgegenzuwirken, sondern auch darum, Kompetenzen zu erhalten.

Doch Alt-Resch weiß auch, dass es nach der Corona-Krise wieder sehr wichtig sein wird, wieder gemeinsam in der Gruppe persönlichen Kontakt zu haben. „Mit dem Hospitien-TV kann man nicht kegeln und Bingo spielen“, sagt sie. Aber diese aus der Not heraus geborene besondere Nachmittagsstunde werde sicher in schmälerer Version erhalten bleiben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort