Ingenieure berechnen Material für Kita falsch

Trier · Ganz grob vertan hat sich das Ingenieurbüro, das für die Sanierung und den Umbau der Montessori-Kindertagesstätte auf dem Petrisberg verantwortlich zeichnet. Statt der kalkulierten rund 550 000 Euro für Kabel, Leitungen und Lüftungsanlage kosten Material und Einbau 810 000 Euro. Der Stadtrat ist mehr als sauer über die Kostenexplosion.

Trier. "Sich bei der Einschätzung, wie viel Kabel und anderes Material man für eine Sanierung benötigt, um 40 Prozent zu verschätzen, ist eigentlich völlig unmöglich." So deutlich eröffnete Gerd Dahm (Grüne) die Diskussion in der jüngsten Stadtratssitzung darüber, dass die Erneuerung der technischen Anlagen in der Montessori-Kita auf dem Petrisberg statt 550 000 Euro nun 810 000 Euro kosten sollen.
In diesem Fall ist nicht die Stadt für die falsche Kalkulation verantwortlich: Das Bauamt hatte mit der Sanierung der Kita-Technik ein privates Ingenieurbüro beauftragt. Das hat bei der Berechnung, wie viel Material - Kabel für EDV-Verkabelung, Rohre für Sanitäranlagen und Heizung, Luftkanäle für die Belüftung - völlig falsch gelegen und so die Kostenexplosion verursacht.
Auch Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani ist über den Fehler entsetzt: "So was habe ich in meiner gesamten Laufbahn noch nicht erlebt", sagte die Dezernentin. Grundsätzlich berechnen sich Ingenieurs- und Architektenhonorare nach der Gesamtbausumme. "Befremdlicherweise hat das Büro tatsächlich eine Honorarnachforderung gestellt - die wir aber glücklicherweise abwehren konnten", berichtete Kaes-Torchiani. Ulrich Dempfle, Fraktionsvorsitzender der CDU, ist ebenfalls sauer: "Wenn wir das nächste Mal so einen Auftrag vergeben, sollten wir für solche Fälle eine Vertragsstrafe vorsehen", forderte der Jurist.
Dass das Ingenieurbüro die Arbeiten und das zusätzliche Material bei den Handwerksfirmen in Auftrag gegeben hat, ohne die Zustimmung des Stadtrats abzuwarten, ärgert SPD-Chef Sven Teuber: "Die Arbeiten wurden einfach umgesetzt - da fühlt man sich als Stadtrat doch wie der Depp vom Dienst!" Anja Reinermann-Matatko sieht Verantwortlichkeit aber auch an anderer Stelle: "Uns wurde damals vom Stadtvorstand gesagt, wenn wir das Gebäude kaufen würden, bekämen wir für einen bestimmten Preis dort eine Kita. Wäre uns nur ein Bruchteil der Mehrkosten, die seitdem für das Projekt entstanden sind, bekannt gewesen, hätten wir Kauf und Kita-Einrichtung nie zugestimmt!"
Bis auf Dominik Heinrich, der sich der Abstimmung enthielt, weigerten sich die Grünen, der Kostenerhöhung zuzustimmen. Auch die FWG, die FDP und die Linke lehnten ab. "Wir würden wohl alle lieber nicht zustimmen - aber das ginge nicht zulasten des Ingenieurbüros, sondern die Handwerker blieben auf ihren Rechnungen sitzen, das können wir nicht verantworten", argumentierte SPD-Chef Teuber. Mit der Mehrheit aus CDU und SPD nahm der Stadtrat die Kostenerhöhung daher an.
Darunter leidet vor allem die Jugend- und Sozialeinrichtung Exhaus: Zur Finanzierung der Kita-Mehrkosten mussten dem Exhaus 100 000 Euro, die für den barrierefreien Umbau vorgesehen waren, gestrichen werden. Auch die Kita St. Michael in Mariahof muss auf einen eingeplanten städtischen Zuschuss von knapp 70 000 Euro verzichten.
Extra

Die Stadt baut die Zahl ihrer Betreuungsplätze weiter aus: Deutsch-französischer Kindergarten Petrisberg: Das Ganztagsangebot wird von 37 auf 44 Plätze erhöht. In zwei Kindergartengruppen (eigentlich ab drei Jahren) werden zwölf Plätze für Zweijährige eingerichtet. Der Personalplan wird um 1,25 Vollzeitstellen erhöht. Gesamtkosten für den Umbau: 198 000 Euro. Kita St. Bonifatius, Domänenstraße: Zwei Krippengruppen mit 20 Plätzen für Kinder unter drei Jahren werden eingerichtet. Möglich wird das, weil eine Gruppe einer anderen Einrichtung umgezogen ist und so Platz in dem Gebäude frei wurde. Trotzdem muss für rund 560 000 Euro umgebaut werden. Zur Betreuung der neuen Gruppen werden 5,65 Vollzeitstellen neu geschaffen. Der Stadtrat hat beiden Erweiterungen einstimmig zugestimmt. woc

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