Konzentration aufs Wesentliche

In der Fastenzeit verzichte ich aufs Saxofonspielen", sagt ein Studienkollege und schaut mich ernst an. "Ich wusste gar nicht, dass du Saxofon spielst", entgegne ich.

"Stimmt, eben deshalb verzichte ich ja auch darauf", erwidert er im Brustton der Überzeugung. Kurz darauf lacht er herzhaft.

Jenseits des Humors meines Kollegen ist Fasten ja durchaus eine ernste Sache. "Sieben Wochen ohne", Heilfasten, Autofasten oder der Verzicht auf Alkohol und Süßigkeiten sind gerade bei vielen wieder in.

Und auch wenn einige weniger mit dieser Praxis anfangen können, am Aschermittwoch begann die Fasten- oder Passionszeit. Die Zeit, in der an das Leiden Jesu gedacht wird. Fasten bedeutet auf etwas verzichten. Um sich auf etwas anderes zu konzentrieren.

Es gibt Firmen, die an einem Tag in der Woche auf E-Mails verzichten. Ganz bewusst wird keine elektronische Post gelesen oder beantwortet. Um sich auf die eigentliche Arbeit zu konzentrieren. Dieses Beispiel für Verzicht hilft mir, den eigentlichen Sinn des Fastens zu verstehen.

Es geht also weniger ums Abnehmen oder den Test, ob es auch ohne Feierabendbier geht. Die Wochen vor Ostern helfen meiner Erinnerung an Jesu Leiden.

Die Bibel erzählt davon ja nicht aus Lust an schaurigen Geschichten. Es geht um menschliches Leid, um den Tod und die Erfahrung von Schuld.

Die Botschaft der Bibel sagt: Gott ist menschliches Leid nicht fremd. Als Jesus hat er Leid erlebt und leidet mit. Um dieses Leiden auch nur ansatzweise nachzuempfinden, kann ich fasten.

Ich muss es aber nicht. Hauptsache, ich bin empfänglich und kann mich auch auf anderes konzen trieren als den normalen Alltagskram. Zum Beispiel öfter zur Ruhe zu kommen. Dazu nehme ich mir in den nächsten Wochen Zeit.

Pfarrer Dr. Jörg Weber, Trier

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