Nur der Täter selbst weiß, wer getreten hat - Attacke auf Ausländer: Bewährungsstrafen für vier junge Männer aus Trier

Trier. · Glimpflich davongekommen sind die vier jungen Männer, die im Februar einen 35-jährigen Rumänen in der Aachener Straße in Trier attackiert haben. Das Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Richterin Lisa Winterholler verurteilt drei der Angeklagten zu Bewährungsstrafen, einer erhält Freispruch.

Den 12. Februar wird M. nie wieder vergessen. Der Rumäne macht sich gegen 19.20 Uhr auf den Weg in die Trierer City und telefoniert mit einem Freund, als er in der Aachener Straße auf vier junge Männer trifft, die sich die Zeit mit Biertrinken vertreiben. Sie beleidigen ihn, einer schlägt ihm die Faust ins Gesicht. Der 35-jährige M. fällt aufs Pflaster. Tritte folgen. Zwei Studenten, die die Skaterhalle abschließen und das Geschehen zufällig sehen, rufen die Polizei. Es fallen Sätze wie "Wir hätten besser eine Flasche zerbrochen und ihm durch den Hals gezogen." Oder: "Wenn wir einen Deutschen zusammengeschlagen hätten, wärt ihr nicht so schnell gekommen." Auf der Wache gehen die Beleidigungen gegen die Polizisten weiter. Dafür und wegen schwerer Körperverletzung und Beleidigung gegen M. werden die vier, die alle vorbestraft sind, später angeklagt. Der Fall scheint klar. Die heute 20- bis 22-Jährigen räumen die Beleidigungen ein, F. gibt den Faustschlag ins Gesicht zu, von Tritten aber will keiner etwas wissen. E. sagt: "Keiner von uns hat getreten, so weit ich es gesehen habe." Im Gerichtssaal entschuldigen sich F. und J. bei den Polizisten.

Um die Frage, wer das Opfer wann, wohin getreten haben soll, dreht sich die Beweisaufnahme im Kreis. Dazu trägt auch das Opfer selbst bei. Er erinnere sich nur, dass F. ihm eine runtergehauen habe. "Dann bin ich auf die Straße gefallen, habe nur schwarz gesehen. Ich weiß nicht, wer was gemacht hat. Die Studenten haben mir von Tritten erzählt." Auf wiederholtes Nachfragen der Richterin sagt er: "Ich weiß nicht mehr alles so genau." Auch Staatsanwältin Stefanie Kaluba hakt nach, ohne Erfolg. "Ich möchte nicht, dass die jungen Männer wegen mir ins Gefängnis gehen", sagt er. Auch die 300 Euro Schmerzensgeld, die er von F. erhalten hätte, habe er nicht gewollt. F. hatte ihm einen Entschuldigungsbrief aus der JVA geschrieben.

Als die beiden Studenten (je 25 Jahre) nacheinander als Zeugen aufgerufen werden, machen auch sie nicht die entscheidende Aussage. Keiner von beiden kann die Angeklagten zweifelsfrei identifizieren. Zudem verstricken sie sich in Widersprüche, ob einer oder zwei auf das Opfer eingetreten hatten. Einer der beiden sagt aus: "Einer ist zurückgekommen, hat nochmals getreten und auf ihn gespuckt." Die Staatsanwältin fragt: "Haben Sie M. erzählt, er sei getreten worden?" Antwort: "Nein."

Die Angeklagten, die jede fremdenfeindliche Motivation bestreiten, standen zur Tatzeit unter Alkoholeinfluss. Der vorbestrafte J.P. zahlt bis zum 16. Juni eine Geldstrafe, die Bewährung von E.P. läuft noch, ebenso wie die von J.. Staatsanwältin Kaluba fordert Haftstrafen, davon zwei ohne Bewährung, wegen gemeinschaftlich gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung. Das Gericht jedoch entscheidet in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten). Richterin Winterholler begründet das Urteil damit, dass nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden könne, wer getreten habe, obwohl glaubhaft geschildert worden sei, dass es Tritte gegeben habe. Dass alle vier zur Tatzeit alkoholisiert waren, wirke sich ebenfalls strafmildernd aus. J.P erhält sechs Monate, F. ein Jahr und J. ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung, E.P. wird freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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