Skandalös

Zum Artikel "Keine Schmerzmittel für Haiti" (TV vom 21. Januar) diese drei Zuschriften:

Dass die 34-jährige Schmerzpatientin ihre nicht mehr benötigten Medikamente scheinbar so großzügig an die Erdbebenopfer in Haiti spenden will, wirkt auf den ersten Blick ehrenwert, für mich als Allgemeinärztin offenbart das Verhalten der Frau jedoch einen skandalösen Umgang mit teuren Medikamenten. Ich frage mich - und diese Frage muss man sich stellen angesichts des Artikels und des Fotos mit einer Regalwand voller Medikamentenpackungen -, wie diese Frau Tablettenmengen im Wert von mehr als 3000 Euro ansammeln konnte.

Die Antwort ist ganz einfach: Die Frau hat die Tabletten nicht eingenommen. Wie sonst sollte man sich erklären, dass sie mehrere Packungen zu je 50 bis 100 Tabletten von ein und demselben Präparat zu Hause gehortet hat, und das nicht nur von einem Medikament, sondern gleich von fünf verschiedenen. Folgerichtig muss sie ihren Arzt, der darauf vertraut hat, dass sie ihm die Wahrheit über das Ausmaß ihrer Schmerzen sagt, über genau diese Tatsache über einen langen Zeitraum hinweg getäuscht und ihn monatelang veranlasst haben, immer wieder die Medikamente, die sie in Wirklichkeit nicht eingenommen hat, weiter zu verschreiben. Das sieht nach einem skandalösen Umgang mit teuren Medikamenten aus und geht nicht zuletzt zulasten des ihr vertrauenden Arztes, der unter Umständen dadurch einen Regress (also eine Strafzahlung wegen zu hoher Verordnungskosten) riskiert. Es ist sehr zu hoffen, dass der Hausarzt der Frau den Artikel gelesen hat und die Patientin identifizieren kann.

Rosemarie Schmitz, Trier

(Die Autorin ist Fachärztin für Allgemeinmedizin)

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