Liberales Zugpferd lässt es ruhiger angehen

Daun/Berlin · Trab statt Galopp: Edmund Geisen (FDP) tritt bei der Wahl zum nächsten Bundestag nicht mehr an. Der 64-Jährige gehörte zwei Legislaturperioden dem Parlament in Berlin an. Im Kreis war er über viele Jahre das liberale Zugpferd schlechthin - mit zum Teil bemerkenswerten, zweistelligen Wahlergebnissen.

 Edmund Geisen mit seinem 30 PS starken Deutz-Trecker auf früherer Wahlkampftour in der Eifel. Foto: privat

Edmund Geisen mit seinem 30 PS starken Deutz-Trecker auf früherer Wahlkampftour in der Eifel. Foto: privat

 Edmund Geisen (links) gibt sich im Wahlkampf bürgernah. TV-Foto: Archiv/Stephan Sartoris

Edmund Geisen (links) gibt sich im Wahlkampf bürgernah. TV-Foto: Archiv/Stephan Sartoris

 Edmund Geisen, Mitglied des Deutschen Bundestags, am Rednerpult im Plenarsaal. Foto: Bundestag

Edmund Geisen, Mitglied des Deutschen Bundestags, am Rednerpult im Plenarsaal. Foto: Bundestag

Daun/Berlin. Auf den ersten Blick mutet etwas seltsam an, wenn Edmund Geisen sagt: "Solange ich noch ein Domizil in Berlin habe, nutze ich die Gelegenheit, die Stadt mal genauer kennenzulernen." Moment mal: Ist er nicht seit acht Jahren in der Hauptstadt als FDP-Bundestagsabgeordneter? "Natürlich, aber die Stadt wirklich zu erkunden, dazu war praktisch keine Zeit."
Zeit zur persönlichen Verfügung wird er künftig deutlich mehr haben, denn der 64-Jährige tritt bei der Bundestagswahl im September nicht mehr an. "Am 1. April 1963 habe ich meine Landwirtschaftslehre angetreten, bin also seit etwas mehr als 50 Jahren beruflich aktiv. Alles hat seine Zeit, und ich habe mich für einen neuen Abschnitt entschieden, in dem nun das Private im Mittelpunkt stehen wird", sagt der gebürtige Lützkampener (Eifelkreis Bitburg-Prüm).
Ganz von der politischen Ebene verschwindet er nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag nicht, ist er doch noch Vorsitzender der FDP-Fraktion im Kreistag Vulkaneifel bis zum Ende der Wahlperiode 2014.
Bemerkenswert an seiner politischen Laufbahn: "Außer im Europaparlament war ich auf allen politischen Ebenen vertreten." Konkret: Mitglied im Ortsbeirat des Dauner Stadtteils Boverath, im Stadtrat Daun, im Verbandsgemeinderat Daun, im Kreistag und fünf Jahre im rheinland-pfälzischen Landtag.
Mit Blick darauf, dass in Daun im kommenden Jahr ein neuer Stadtbürgermeister gewählt wird und er dann kein hauptamtlicher Politiker mehr ist, muss die Frage gestellt werden: Wäre das nicht noch ein Amt für ihn?
"Viele Leute haben mich dazu bewegen wollen, zu kandidieren, und ich habe mich auch ernsthaft mit dem Thema auseinandergesetzt. Ich bin aber zum Schluss gekommen: Meine beste politische Zeit ist vorbei, aber genau in der musst du sein, wenn du das ehrenvolle Amt des Stadtbürgermeisters übernimmst. Das geht nicht mit halber Kraft, sondern nur mit genauso großem Engagement wie als Bundestagsabgeordneter."
Die Politik hat ihn schon früh interessiert, damals, in den 1950er Jahren in der bäuerlichen Großfamilie in Lützkampen. "Da hatte ich noch ganz große Ziele: Papst oder Adenauer wollte ich werden. Beides habe ich nicht geschafft, bin aber dennoch ganz zufrieden mit dem, was ich erreicht habe", sagt er schmunzelnd. Vom Landwirtschaftslehrling über den Doktortitel in Agrarwissenschaft bis zum Bundestagsabgeordneten: "Ein gesunder Ehrgeiz hat mich von jung auf motiviert, immer getreu unserem Familienmotto ,Man muss nicht reich geboren sein, um einen guten Weg zu machen\'."
Gut zehn Jahre war die CDU seine politische Heimat, bevor er 1990 zur FDP ging, wo er richtig durchstartete. 16 Jahre Kreisvorsitzender, fünf Jahre Landtag, acht Jahre Bundestag: Er war das liberale Zugpferd mit bemerkenswert guten persönlichen Wahlergebnissen in Daun, wo er seit 1980 wohnt, und immer auch in seinem Geburtsort Lützkampen.
Wenn er nun raus ist aus der Maschinerie Bundestag, funktioniert der Übergang ins Privatleben fließend? "Ich fürchte nein. Wahrscheinlich geht es mir wie Hochleistungssportlern, die nach ihrer Karriere erst mal langsam wieder abtrainieren müssen. Aber keine Sorge: Ich werde mich schon einleben im Privatleben." Worüber sich sicher seine Frau Mariette freuen wird, mit der er im September 40. Hochzeitstag feiern wird. Auch sie ist politisch engagiert als Mitglied im Stadtrat und VG-Rat Daun - für die FDP, versteht sich.
Ein bewegtes Leben, privat wie politisch, kommt da nicht der Gedanke, das Erlebte niederzuschreiben? "Mit dem Gedanken spiele ich in der Tat. Hoffentlich kann ich auf den mir eigenen Ehrgeiz, mit dem ich so einiges erreicht habe, bauen, damit ich aus dem Vorhaben auch wirklich ein Buch mache."

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