Der schnelle Weg zum Medikament

Kelberg · Über mangelndes Interesse kann sich der Automatenhersteller Rowa in Kelberg (Vulkaneifelkreis) derzeit nicht beklagen. Königlicher Besuch und ein amerikanischer Investor beherrschten die Gespräche in den vergangenen Tagen. In Kelberg freut man sich indes auf eine weiter gute Entwicklung.

 Rowa-Geschäftsführer Christian Klas zeigt das Innenleben des Rowa-Lagersystems. Das Herzstück ist der Greifarm, der die Medikamente einsortiert und ausliefert. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Rowa-Geschäftsführer Christian Klas zeigt das Innenleben des Rowa-Lagersystems. Das Herzstück ist der Greifarm, der die Medikamente einsortiert und ausliefert. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Kelberg. Seit dem 1. Juli gehört der Eifeler Automatenhersteller Rowa dem amerikanischen Unternehmen Carefusion (der TV berichtete). Die Verträge sind unterzeichnet, einzig das Kartellamt muss dem Verkauf noch zustimmen. In der Eifel sind die Verantwortlichen froh über den Deal, denn mit dem starken Partner an der Seite hofft Rowa auf gute Geschäfte.
"Wir rechnen in den kommenden Jahren mit einem Wachstum von fünf bis zu zehn Prozent jährlich", sagt Rowa-Geschäftsführer Christian Klas. Bisher liefert Rowa weltweit in 30 Länder. Carefusion aber hat Geschäftsbeziehungen in 120 Länder. "Wir sehen gute Entwicklungschancen", sagt Klas. Er kam 2009 in die Geschäftsführung und leitet das Unternehmen gemeinsam mit Markus Willems und Dirk Wingenter.
Unternehmensgründer Rolf Wagner hat sich mit dem Verkauf an das US-Unternehmen aus dem Geschäft verabschiedet. Er hielt rund zwei Drittel der Unternehmensanteile. Rund 150 Millionen US-Dollar (etwa 105 Millionen Euro) wird Carefusion für Rowa zahlen.
Gut angelegtes Geld, wie viele Experten glauben. Der Mittelständler aus Kelberg entwickelt sich seit der Gründung 1996 gut und gehört heute zu den 100 umsatzstärksten Unternehmen im Land. 41 Patente hält das Unternehmen und heimste zahlreiche Preise ein (u.a. Erfinderpreis Rheinland-Pfalz, bester Apothekenpartner 2011). Vor allem Apotheken nutzen den Zeit- und Raumvorteil, der ihnen Rowa bei der Lagerlogistik bietet.
"Der wichtigste Absatzmarkt ist dabei für uns Deutschland", sagt Klas. Bei den 21 500 deutschen Apotheken sieht er noch großes Potenzial für Geschäfte. Doch inzwischen erzielt das Eifeler Unternehmen auch mehr als die Hälfte seines Umsatzes im Ausland. In Dänemark, Italien, Niederlanden und Schweden bestehen Tochterfirmen. Neben den 314 Rowa-Mitarbeitern sind weitere 200 Mitarbeiter bei Partnerunternehmen in aller Welt für Rowa im Einsatz.
Auch in England, wo das Unternehmen vor allem Krankenhäuser mit seinen Systemen beliefert. Erst vor wenigen Tagen hat Queen Elizabeth II das Forth Valley Royal Hospital im schottischen Larbert eröffnet. Das hochmoderne Krankenhaus ist das erste in England mit ausgefeilten Robotersystemen zur Belieferung der Stationen, etwa mit Wäsche oder den Mahlzeiten. Auch die Krankenhausapotheke ist voll automatisiert. Hier sorgt ein Rowa-System mit einer Maximalkapazität von gut 30 000 Packungen für ein aufgeräumtes und platzsparendes Warenlager. Drei Kühlsegmente garantieren, dass das Rowa System empfindliche Medikamente versorgen kann.
Wie funktioniert das System?

 Die Queen eröffnet das Forth Valley Royal Hospital in Schottland. Die Rowa Automaten haben im Krankenhaus eine besondere Bedeutung. Foto: Rowa

Die Queen eröffnet das Forth Valley Royal Hospital in Schottland. Die Rowa Automaten haben im Krankenhaus eine besondere Bedeutung. Foto: Rowa


Pressesprecher Udo Weller: "Eine Arbeitserleichterung bringt das ProLog-System: Die Medikamente werden nur noch auf ein sechs Meter langes Pufferband geschüttet und dann vollautomatisch gescannt und im Rowa eingelagert. Die Mitarbeiter der Krankenhausapotheke können die frei gewordene Zeit nutzen, um auf den Stationen intensiver bei den Patienten zu arbeiten. Dort werden die Medikamente online über mobile Tablet-Computer direkt beim Rowa-Kommissioniersystem bestellt."
Die Medikamente werden automatisch von dem Roboter auf speziellen Glasböden eingelagert. Dabei sucht sich der Computer die kürzeste Strecke. Fehler bei der Ein- und Ausgabe sind durch die Vollautomatisierung über Codes nahezu ausgeschlossen.
Rund 100 000 bis 130 000 Euro kostet ein automatisiertes Rowa-Warenlager, mit dem etwa 12 000 Medikamenten-Packungen gelagert werden können.
Ein solches System wird vor allem in Apotheken genutzt, doch inzwischen sind auch andere Branchen auf die Vorteile aufmerksam geworden. Ein forensisches Institut - Namen und Land nennt das Unternehmen nicht - lagert Kugeln und Projektile, die bei ungeklärten Verbrechen verwendet wurden mit dem Rowa System ein.
Die Kugeln werden in kleinen Plastiktütchen verpackt, bekommen ihren Code und werden archiviert. Sekundenschnell befördert der Rowa-Computer die Kugel hervor, wenn der Fall bearbeitet werden muss.
"Wir haben einige andere Spezialaufträge gefertigt, doch unser Kerngeschäft bleiben weiterhin die Systeme für Apotheken", erklärt Christian Klas. Rund 37 Mitarbeiter beschäftigt Rowa in der Entwicklung. An Ideen für Verbesserungen und neue Produkte mangelt es den Eifelern nicht, und mit dem starken Partner an der Seite sind die Spezialisten bei Innovationen noch besser aufgestellt. 1996 diskutierte Rudolf Wagner im Zug, damals Inhaber der WMK-Maschinenbau R. Wagner GmbH & Co. KG, mit einem Apothekerehepaar über die Gesundheitsreform und die Möglichkeiten einer Rationalisierung des Arbeitsprozesses in Apotheken. Die Idee des Rowa-Kommissionierautomaten war geboren. Im Anschluss erfolgte die Gründung der Rowa-Automatisierungssysteme GmbH durch Rudolf Wagner und Markus Willems in Kelberg (Eifel). Ein Jahr später wurde der erste Automat an die Saxonia Apotheke in Dresden verkauft. Bis heute hat das Unternehmen aus Kelberg knapp 3700 Automaten verkauft. Das Unternehmen, das in den 90ern mit rund zehn Mitarbeitern begann, beschäftigt heute in Kelberg knapp 300, davon 14 Azubis. 2009 lag der Umsatz bei etwa 50 Millionen Euro. hw

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