Dieses Mal könnte es klappen

Gescheitert im zweiten Anlauf: Das Amtsgericht Trier hat am Montag ein Insolvenzverfahren für die Saarburger Kunststoff-Firma Tectro angeordnet. Bereits im November 2006 hatte die Firma den Gang zum Amtsgericht antreten müssen. Der jetzt bestellte vorläufige Insolvenzverwalter Thomas Schmidt aus Trier sieht indes gute Chancen für einen Fortbestand des Unternehmens.

 Der Betriebsratsvorsitzende Horst Molitor (links) begutachtet mit Tectro-Mitarbeiter Wolfgang Mohm Kunststoffkleinteile für die Automobil-Industrie. TV-Foto: Archiv/Heribert Waschbüsch

Der Betriebsratsvorsitzende Horst Molitor (links) begutachtet mit Tectro-Mitarbeiter Wolfgang Mohm Kunststoffkleinteile für die Automobil-Industrie. TV-Foto: Archiv/Heribert Waschbüsch

Saarburg. Sie haben "dichtgehalten" bis gestern Nachmittag um 15 Uhr: Während einer Betriebsversammlung in einer der Werkshallen der Tectro GmbH im Saarburger Stadtteil Beurig informierten Geschäftsführer Joachim Krauser, Betriebsratsvorsitzender Horst Molitor und der vorläufige Insolvenzverwalter Thomas Schmidt die Belegschaft über das am Montag beim Amtsgericht Trier beantragte Insolvenzverfahren.

Seit drei Wochen stehe fest, dass dieser Schritt unvermeidbar sei, informierte Geschäftsführer Krauser gestern auf TV-Nachfrage.

"Die erneute Schieflage rührt daher, dass die Finanzierung des Unternehmens nicht ausreichend gesichert ist", erklärte Thomas Schmidt. "Die Gesellschafter, die nach der ersten Insolvenz in das Unternehmen eingestiegen sind, sind nicht mehr gewillt, weiteres Geld in die Firma zu stecken", meinte Geschäftsführer Krauser. Streitigkeiten unter den Gesellschaftern hätten dabei eine Rolle gespielt. Da die Firma, die Kunststoff-Spritzgussteile überwiegend für die Automobil-Industrie produziert, aus eigener Kraft nicht ausreichend Eigenmittel aufbringe, sei der Gang zum Amtsgericht unausweichlich geworden.

Vergangene Woche ist Thomas Schmidt mit der Abwicklung beauftragt worden. Dabei sind Geschäftsführer wie Insolvenzverwalter und Betriebsratsvorsitzender guter Hoffnung, dass das Unternehmen überlebt und der Standort erhalten bleibt. Krauser: "Wir sind in Gespräche eingestiegen mit der Firma Elco GmbH aus Gütersloh, die ebenfalls am Kunststoff-Markt tätig ist und ernsthaftes Interesse hat, Tectro zu übernehmen. Leider war die Zeit von drei Wochen zu knapp, um die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ende zu führen, denn wir mussten ja die Fristen für einen Insolvenzantrag wahren." Insolvenzverwalter Schmidt bestätigt: "Wir haben bereits detaillierte Gespräche mit der Firma geführt. Die dortige Führung hat sehr deutlich gemacht, dass sie eine konservative Unternehmens-Politik verfolgt und nicht an spekulativen Investitionen interessiert ist. Es geht auch nicht darum, die Konkurrenz vom Markt zu nehmen." Horst Molitor spricht von einer "völlig anderen Ausgangssituation" als vor drei Jahren. So sei der neue Interessent sogar bereits zu Kunden mitgenommen worden. Die Juni-Gehälter der 105 Mitarbeiter sind nach Auskunft Molitors alle bezahlt worden, die Löhne stünden teilweise noch aus. Die Produktion - seit Januar 2008 arbeitet die Belegschaft in Kurzarbeit - laufe wie bisher weiter. "Wichtig ist, dass wir jetzt Ruhe bewahren, damit uns die Kunden nicht abspringen", meinte Molitor. Die gestrige halbstündige Betriebsversammlung sei sehr ruhig verlaufen, berichtete Schmidt. "Konzentriert", nicht erkennbar geschockt, habe die Belegschaft auf die Botschaft reagiert. Sie war erst am Montag über die kurzfristig einberufene Versammlung informiert worden. Schmidt: "Fragen sind ausschließlich zu den Löhnen gestellt worden. Die Chance, dass es weitergeht, wird von vielen gesehen." EXTRA Nach der Insolvenz im November 2006, abgewickelt durch Insolvenzverwalter Franz J. Abel, stieg im November 2007 die niederländische Hombergh-Holding bei Tectro mit ein. Der Konzern mit Jahresumsätzen von rund 1,2 Milliarden Euro betrat mit der Tectro-Übernahme Neuland in der Kunststoff-Branche. Deren Geschäftsführer Rüdiger Mehlem und Johannes Versluis sind im Mai dieses Jahres ausgestiegen. (sw)

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