Finanzen Der Traum von der einfachen Steuererklärung

Trier · Albert Minas aus Trier gehört zu den rund 20 Millionen Ruheständlern in Deutschland. Wie viele Senioren ärgert sich der Trierer über die Einkommensteuer-erklärung, die er jährlich abgeben muss. Sie sei für ältere Steuerbürger kompliziert und nicht zu erledigen. „Für Senioren oder Behinderte ist das ein Unding“, klagt der 84-Jährige.

 Albert Minas aus Trier spricht sicher vielen älteren Menschen aus der Seele, wenn er sagt: „Die Steuererklärung ist für Senioren zu kompliziert.“

Albert Minas aus Trier spricht sicher vielen älteren Menschen aus der Seele, wenn er sagt: „Die Steuererklärung ist für Senioren zu kompliziert.“

Foto: TV/Heribert Waschbüsch

Ob Steuererklärung, Abrechnungen für Krankenkassen, Rentenanträge oder andere bürokratische Anforderungen, für ältere Menschen, Ausländer, Menschen mit Handicaps sind viele Verpflichtungen oft nicht allein zu meistern. Albert Minas ärgert das. Er sieht die Finanzverwaltung in der Pflicht.

Minas ist ein rüstiger Pensionär. 1934 geboren arbeitete er bis 1996 bei der Deutschen Bundespost/Telekom. Zudem war er in Trier Stadtführer und liebt Reisen. Doch bei all seinen Aktivitäten als Ruheständler verweigert er sich dem worldwideweb. „Ich habe keinen Internetanschluss, und ich will keinen Internetanschluss.“ Wie viele ältere Menschen möchte sich der Trierer darauf nicht mehr einlassen. Doch damit hat Albert Minas ein Problem. Seine Einkommensteuererklärung kann der Pensionär nicht übers Netz mit der Finanzamt-eigenen Software Elster übermitteln. „Ich will meine Erklärung auf dem Papier ausfüllen, doch das ist kompliziert und für ältere Menschen kaum noch machbar.“ Seine Kritik: Die Formulare sind für Normalbürger kaum zu verstehen. Doch das ist nach seiner Ansicht nicht das einzige Problem für viele ältere Menschen. „Es ist schwierig, die Daten in die kleinen Kästchen einzutragen“, ärgert sich Minas. Während man Standarddaten in Onlineprogrammen – ob Elster oder kommerziellen Steuerprogrammen – speichern kann, muss man beim handschriftlichen Ausfüllen eigentlich alles neu eintragen. Sein Vorschlag, „ältere und behinderte Menschen ab einer bestimmten Kategorie sollten ihre Einnahmen und Sonderausgaben einem Finanzamtsmitarbeiter vorlegen können, der diese in eine Steuererklärung übernimmt“. Das der Trierer mit seinem Wunsch nicht alleine steht, zeigt ein Pilotprojekt, das nun, auf einige Bundesländer begrenzt, ins Leben gerufen wird (siehe Extra).

Wo gibt es Hilfe für ältere Menschen, denen es ebenso geht wie Albert Minas? Durch die Rentenerhöhung ab 1. Juli bekommen die rund 20 Millionen Rentner mehr Geld. In Westdeutschland 3,18 Prozent, bei einer Rente von 1000 Euro sind das 31,80 im Monat. Doch gleichzeitig müssen dadurch rund 48 000 Rentner erstmals eine Steuererklärung abgeben.

Vorsicht: Das Finanzamt verschickt keine Mitteilung über eine Steuerpflicht, sondern höchstens eine Erinnerung, wenn keine Steuererklärung eingeht. Der Bürger riskiert durch die verspätete Abgabe unter Umständen einen Verspätungszuschlag. Eine Steuerpflicht besteht, wenn die Einkünfte über dem Freibetrag von 9000 Euro im Jahr liegen. Für zusammen veranlagte Ehepaare verdoppelt sich die Freigrenze. Unabhängig von den Freibeträgen besteht eine Erklärungspflicht, sobald neben der Rente noch andere Einkünfte bestehen, wie etwa Mieteinkünfte. Die Zahlen gelten für 2018. Von 9001 bis 13 997 werden 14 Prozent Einkommensteuer fällig, und die Steuerlast wächst bis höchstens 42 Prozent an (ab 54 949 Euro). Ab 2019 erhöht sich der Grundfreibetrag dann auf 9168 Euro pro Person an. Seit 2005 steigt der steuerpflichtige Anteil von damals 50 Prozent mit dem später folgenden Renteneintritt um jährlich zwei Prozentpunkte. Wer 2040 oder später in Rente geht, muss seine Bezüge, die über dem Grundfreibetrag liegen, dann zu 100 Prozent versteuern.

Bei diesen Stellen gibt es Hilfe:


Deutsche Rentenversicherung Bund in Berlin: Damit das Finanzamt den steuerpflichtigen Anteil der gesetzlichen Rente korrekt ermitteln kann, müssen Rentner ihrer Steuererklärung die ausgefüllten Vordrucke „Anlage R“ und „Anlage Vorsorgeaufwand“ beifügen. Hierbei hilft ihnen eine kostenlose Bescheinigung der Rentenversicherung, die sogenannte „Mitteilung zur Vorlage beim Finanzamt“. Die Bescheinigung enthält alle steuerrechtlich relevanten Beträge mit Hinweisen, in welchen Zeilen der Steuervordrucke die Werte einzutragen sind. Wer sie einmal beantragt hat, bekommt sie in den Folgejahren automatisch zugeschickt.

Wenn diese Bescheinigung erstmalig benötigt wird, kann sie per Brief, Fax oder Internet angefordert werden. Möglich ist auch ein Anruf beim gebührenfreien Servicetelefon der Deutschen Rentenversicherung unter der Nummer 0800/1000-4800.

Wichtig zu beachten: Bei der Anforderung ist die persönliche Rentenversicherungsnummer anzugeben. Wer die Bescheinigung für eine Hinterbliebenenrente benötigt, gibt die Versicherungsnummer des Verstorbenen an.


Lohnsteuerhilfeverein oder Steuerberater: Wer als Ruheständler neben der normalen Rente weitere Einkünfte hat, muss auch die erklären. Das kann schnell sehr kompliziert werden. Hilfe von Experten bieten sowohl Lohnsteuervereine (hier wird ein Mitgliedsbeitrag fällig) als auch Steuerberater an. Sie beraten, füllen die Erklärung aus und prüfen natürlich auch den Steuerbescheid vom Finanzamt. Zudem hat man länger Zeit, um die Erklärung abzugeben. In diesem Jahr muss die Erklärung zum ersten Mal am 31. Juli vorliegen, die Frist wurde verlängert. Wer sich von den Profis helfen lässt, hat sogar bis spätestens 2. März 2020 Zeit. Die Kosten für Steuerberater oder Hilfeverein lassen sich nur soweit als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzen, wie sie zur Ermittlung ihrer Einkünfte anfallen, also durch die Ermittlung der Einnahmen zum Beispiel aus Rente oder Vermietung, veranlasst sind. Privat veranlasste Steuerberatungskosten, wie etwa zur Ermittlung von Krankheitskosten oder Handwerkerleistungen für den Privathaushalt, kann der Bürger nicht von der Steuer absetzen.

Finanzamt: Die Mitarbeiter des Finanzamtes dürfen natürlich Steuererklärungen von Bürgern nicht komplett ausfüllen. Sie können aber bei konkreten Fragen kostenlose Hilfestellung geben.

Julia Köster, ständige Vertreterin des Finanzamtsvorstehers in Trier: „Wer Fragen zum Ausfüllen der Steuererklärung hat, der kann das Service-Center aufsuchen. Zusätzlich bieten wir regelmäßig zu Beginn des Jahres ,Elster-Donnerstage’ an, Elster-Kurse in der VHS und es gibt die Info-Hotline der Finanzverwaltung (0261/20179- 279).“

Seit 2018 ist neu, dass mit der Umstellung auf das Scanverfahren auch eine Abkehr von der Belegvorlagepflicht in eine Belegvorhaltepflicht erfolgt ist. Das Service-Center prüft daher keine Belege mehr und gibt dementsprechend auch keine direkte Rückmeldung mehr zu spontan vorgelegten Belegen, wie es früher schon gelegentlich vorgekommen ist.

Das Finanzamt erklärt: Wer eine Erklärung „wie im Vorjahr“ ohne weitere Angaben abgibt, riskiert, dass steuermindernde Sachverhalte, die dem Finanzamt nicht automatisch elektronisch mitgeteilt werden, wie Handwerkerleistungen oder Krankheitskosten nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden.

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