Short Peace - Ranko Tsukigime's Longest Day

Japaner. Sind. Echt. Irre!!! Und das meine ich keineswegs beleidigend. Wie ich darauf komme? Ganz einfach: Werft einen Blick auf dieses Spiel und versucht mich vom Gegenteil zu überzeugen!

"Was war das bitteschön für ein Höllenritt?" Diese Worte schießen mir durch den Kopf, nachdem ich das PS3-Gamepad nach gerade mal einer Stunde (!) Spielzeit niederlege und mir den Abspann anschaue. Meine Augen flimmern noch etwas, mein Puls ist leicht erhöht und von dem, was sich da auch dem Bildschirm abspielte, verstehe ich nur die Hälfte - was weniger amn der japanischen Sprache liegt - Untertitel helfen beim Übersetzen -, sondern an der wirren, wie ebenso coolen Story. Was in der Stunde zwischen dem Beginn meiner Test-Session und jetzt passiert ist, kann schwer in Worte gefasst werden - trotzdem werde ich mir Mühe geben.

Hinterlistig

Diesmal kam es völlig unverhofft - ohne, dass ich es geahnt hätte: Suda 51 hat wieder zugeschlagen - und mich voll getroffen, quasi aus dem Nichts. Denn ohne mir viel Gedanken zu machen, hatte ich die Testversion ins Laufwerk geschoben und der Dinge geharrt, die da kommen mögen. Ehrlich gesagt wusste ich noch nicht einmal sicher, um welches Genre es sich bei dem Spiel eigentlich handelt. Ich liebe eben Überraschungen. Und dann kam es: Nach einem interessanten Intro, das die Herzen aller Animé-Fans höher schlagen lässt, steht die kleine Heldin Ranko mitten im Bildschirm und will von mir navigiert werden.

Doch bevor es losgeht, solltet ihr noch einmal verinnerlichen, wer das Spiel mitentwickelt hat: Experten werden bei dem Namen Suda 51 genüsslich mit dem Kopf nicken. Für alle anderen: Hinter dem Namen versteckt sich Spieledesigner Goichi Suda, Chef der Grasshopper Manufacture Studios. Er ist auch der führende Kopf hinter Titeln wie "Killer 7", "No More Heroes" oder "Killer Is Dead". Seine Spiele sprechen bestimmt nicht den Mainstream an - was sie meist aber umso interessanter macht. Also genau von diesem kreativen und leicht durchgeknallten Typen stammt auch dieses Spiel, mit dem zungenbrecherischen Namen.

Easy To Learn

Die Steuerung ist simpel: Der linke Stick lässt die kleine Ranko sprinten, während X Hüpfen und das Viereck Schlagen bedeutet. Hinzu kommt gelegentlich der R1- oder L1-Button, der einen Schuss abgibt - das war's auch schon. Der Rest ist Geschwindigkeit und Können. Denn - auf der Packung prangte bereits der Hinweis "Test Your Skills" - nur wer schnell ist, kann hier was reißen. Kennt einer von euch zufällig das Rayman-Spiel "Jungle Run" oder "Fiesta Run"? Ja?! Das hier ist die LSD- oder Crack-Variante des Ganzen.

In einem Affenzahn rast die Heldin in dem 2D-Sidescroller unaufhörlich auf den rechten Bildschirmrand, während ihr Schwert, pardon, der Bogen ihrer Gewehr-Geige, auftauchende Gegner im Nu zerteilt. Einen Lebensbalken gibt es nicht, dafür ist euch der Tod aber immer auf den Fersen - sei es nun in Form von Dämonen, die hinter euch her sind, einer alles zerstörenden Kreissäge oder sogar eines überdimensionalen Pekinesen. Ja, auch ein riesiger Hund ist hinter euch her!

Ein Höllenritt

Wer genügend Gegner metzelt, füllt einen dreiteiligen Balken am unteren Bildschirmrand auf: Damit lassen sich Schüsse auf den oder die Verfolger abgeben, was euch erneut einige wertvolle Sekunden verleiht. Nach spätestens drei Minuten ist der Spuk dann auch vorbei, wenn ihr über die Ziellinie huscht - oder ihr werdet von den Verfolgern gefasst und müsst den Level erneut angehen. So oder so - lange seid ihr nie in einem Abschnitt unterwegs. Was auch anscheinend so gewollt ist. Später laden erneute Durchläufe zum Highscore-Knacken ein.

Aufgelockert wird das Ganze von drei kuriosen Bossfights, wobei mir der erste, in Level 6, einiges an Nerven gekostet hat, was ein wenig an der eigenwilligen Steuerung liegt: In diesem speziellen Fall geht es nicht von links nach rechts, sondern von unten nach oben. Auf eurem Weg an die Spitze müsst ihr immer wieder auf eure beiden Peiniger eindreschen, die sich ab und an in den Weg stellen. Das Problem: Sobald man im vollen Lauf ist und die Schlag-Taste drückt, wird Ranko einen kurzen Augenblick schneller. Dieser eine Moment genügt dann, um nicht mehr rechtzeitig die Sprungtaste nach dem Schlag drücken zu können - was dazu führt, dass ihr euch in den Abgrund und die dort lauernde Kreissäge verabschiedet. Spielt es selbst und findet heraus, was ich meine.

Kurz, aber heftig

Davon abgesehen haben sonst alle Levels durch ihre kurze Spieldauer und aufgrund des verrückten Designs echt Spaß gemacht. Selbst der letzte Bosskampf ist einfach nur irre - und sehr retro. Mehr wird an dieser Stelle nicht verraten. Die insgesamt zehn Stages werdet ihr sicherlich in unter einer Stunde gepackt haben bis euch der finale Abspann entgegenflimmert. Aber was soll das Ganze eigentlich? Das hatte ich mich auch gefragt, bis ich dahinter gekommen bin.

Manga- und Animé-Fans werden jetzt sicherlich mahnend den Zeigefinger heben: Aber leider kannte ich die Reihe "Short Peace" bis dato nicht. Dabei handelt es sich um vier animierte Kurzfilme, von denen einer ("Possession") bereits für einen Oscar nominiert war. Das Spiel bildet nun den krönenden Abschluss dieser Saga. Habe ich schon erwähnt, dass die Japaner irre Ideen haben?! Aber keine Sorge: Wer die Filme nicht kennt, kann dies leicht nachholen. Denn alle vier Kurzfilme sind auf der Disc enthalten und können in Ruhe konsumiert werden - vorzugsweise BEVOR ihr das erste Mal spielt.

Fazit

Der Titel ist mal wieder der Beweis dafür, dass Japaner die Welt mit anderen Augen sehen. Allein die Idee, dass ein Spiel den Abschluss einer Filmreihe bilden könnte, halte ich für schlichtweg genial. Ob das Spiel selbst der große Wurf ist, muss jeder selbst für sich entscheiden. Das simple Prinzip, das irre Leveldesign und den Einfluss verschiedener Künstler auf dieses Werk sind jedoch definitiv einen Blick wert. Der Bonus dieser preisgekrönten Kurzfilme rechtfertigt letzten Endes vielleicht den Kaufpreis dieser Perle aus Fernost. Für Fans ein Leckerbissen. Allen anderen empfehle ich jedoch, sich den Titel für einen unterhaltsamen Abend auszuleihen und sämtliche Highscores beim Durchrasen der Levels zu brechen. Wie gesagt: Es erwartet euch "Ein irrer Höllenritt!".

Genre: Jump'n Run, Sidescroller, Action
Für: PS3 // Entwickler: Grasshopper Manufacture // Publisher: Bandai Namco Inc.
Spieler: 1 // Online: ja // USK: ab 16 Jahren
Internet: hier // Trailer: hier

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