Die Zähne der Zeit

Zurück in die Region: Claus Grzeskowiak (34), früherer Zweitliga-Profi von Eintracht Trier, heuert in Luxemburg bei CS Fola Esch an. Der Defensivspezialist im Porträt.

 Neu bei Fola Esch: Claus Grzeskowiak. TV-Foto: Andreas Feichtner

Neu bei Fola Esch: Claus Grzeskowiak. TV-Foto: Andreas Feichtner

Trier. Bedingungsloser Fan von einem Fußballverein zu sein, das heißt immer auch: ein Herz fürs Leid haben. Für Anhänger von Eintracht Trier gilt das in besonderem Maße. Verpasste Aufstiege, knappste Abstiege, Trainerwechsel im Monats-Abo. All das mussten die blauschwarzen Herzen in den vergangenen Jahren erdulden. Triumph und Tragik, das ständige Duell.

Für Claus Grzeskowiak gilt das nicht. Er steht wie kein zweiter Spieler der jüngeren Eintracht-Vergangenheit für die Sonnenseite. Für den Erfolg, für Aufschwung, für Kontinuität. Das fing in seinem ersten Testspiel an, einem 4:0 gegen Düsseldorf, im Juli 2001. Neben Grzeskowiak debütierten Adnan Kevric, Mehmet Dragusha und Roland Benschneider. Allesamt waren Garanten dafür, dass die Eintracht unter Trainer Paul Linz am Ende der Saison den Aufstieg in die zweite Liga packte. Grzeskowiak - sein Markenzeichen: die lange Mähne - wurde auch in der zweiten Liga zum wichtigen Mann in der Eintracht-Defensive. Abräumer vor der Viererkette. Ein Mann für Spezialaufträge. Kompromisslos, aber auch technisch auf der Höhe.

Neun Mal Vollnarkose, 18 Wochen im Krankenhaus



Bis sich in seinem 59. Zweitliga-Spiel am 31. Oktober 2004 - um im Bild zu bleiben - für ihn die Sonne verdunkelte. "Das war ein blöder Unfall", sagt Grzeskowiak beim Treffen mit dem TV am Trierer Viehmarkt. Dabei hat sich eine Szene beim 2:1-Heimsieg gegen Cottbus ins kollektive Gedächtnis eingebrannt: Der Cottbuser Michael Thurk stürzt unglücklich aufs Knie von Grzeskowiak. Zwei Zähne von Thurk bleiben stecken. "Er war ohnmächtig", erinnert sich Grzeskowiak: "Ich dachte, er stirbt." Horror an Halloween. Während Thurk nach einigen Monaten wieder spielen konnte, mittlerweile stürmt er für Augsburg, war für Grzeskowiak mit diesem Tag die Profi-Karriere vorbei. Sein Team lag auf Platz acht. "Es war undenkbar, dass wir absteigen", sagt Grzeskowiak. Es war auch undenkbar, dass sein entzündetes Knie ihm in der Folge 18 Wochen Aufenthalt in Krankenhäusern bescherte. "Ich war neun Mal unter Vollnarkose." Die Realität im Mai hieß: Karrieende hier, Abstieg dort.

Alles Vergangenheit, wenn auch immer noch täglich präsent für den gebürtigen Hannoveraner. Grzeskowiak hat eine Umschulung zum Spielerberater gemacht, trainierte zudem ein Jahr lang Hildesheim II. Und wenn es gut läuft, kann er vielleicht auch im Frühjahr wieder kicken. "Ich habe einen Vertrag bei Fola Esch unterschrieben. Da soll ich mich um die Jugendkoordination kümmern", sagt er: "Vielleicht klappt es ja auch wieder mit dem Spielen." Wenn alles klappt, soll auch seine Familie - Dilek und die drei Kinder - nach Trier ziehen. "Es gefällt mir in der Gegend einfach besser als in Hannover." Grzeskowiak ist seit der Verletzung vor über vier Jahren in der Reha, er machte aber zuletzt Fortschritte. "Thomas Kopnarski und Michael Lofy leisten da tolle Arbeit", bedankt sich Grzeskowiak. Mit Lofy geht die Zusammenarbeit über die Reha hinaus. Der frühere Eintrachtler trainiert Fola Esch, wo auch der frühere marokkanische WM-Star Mustapha Hadji spielt. Vielleicht bringt Grzeskowiak seinem neuen Verein Glück. Im ersten Spiel nach der Vertragsunterzeichnung gab es zumindest auch ohne seine aktive Mithilfe ein 3:0 im Erstliga-Derby gegen Jeunesse Esch.

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