INTERVIEW DR. FREDERIK VOSS Der Elektroschock kann Leben retten

Trier · Herz-Spezialist vom Trierer Brüderkrankenhaus zur Defibrillator-Behandlung des dänischen Stars Christian Eriksen.

 Dr. Frederik Voss, Chefarzt am Trierer Brüderkrankenhaus.

Dr. Frederik Voss, Chefarzt am Trierer Brüderkrankenhaus.

Foto: Brüderkrankenhaus

(red) Der Fall des dänischen Nationalspielers Christian Eriksen, der bei einem EM-Spiel einen Herzstillstand erlitt und im Stadion wiederbelebt wurde, beschäftigt weiter viele Menschen. Nun wurde bekannt, dass dem 29-Jährigen ein implantierbarer Defibrillator (ICD) eingesetzt werden soll. Privatdozent Dr. med. Frederik Voss, Chefarzt der Rhythmologie im Herzzentrum Trier des Brüderkrankenhauses erklärt, wie ein solcher „Defi“ funktioniert, warum nur wenige Betroffene weiterhin Spitzensport ausüben können und warum gerade bei einer Kontaktsportart wie Fußball ein ICD eine besondere Herausforderung darstellt. 

Herr Dr. Voss, dem dänischen Nationalspieler Christian Eriksen wird ein Defibrillator implantiert. Wann und warum ist ein solcher „Defi“ notwendig und wie vermag er einen weiteren plötzlichen Herzstillstand zu verhindern?

Dr. Frederik Voss: Ein implantierbarer Defibrillator (ICD) wird eingesetzt, wenn ein Patient einen rhythmusbedingten plötzlichen Herztod überlebt hat und vor weiteren Ereignissen geschützt werden muss. Wenn Patienten unter schweren Herzerkrankungen leiden, von denen wir wissen, dass sie mit einem erhöhten Risiko für den plötzlichen Herztod einhergehen, werden Defibrillatoren bereits vorbeugend eingesetzt. Ein Defibrillator überwacht 24 Stunden am Tag über sieben Tage die Woche hinweg den Herzrhythmus des Patienten. Bei Auftreten einer lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörung kann ein lebensrettender Elektroschock innerhalb von zehn bis 15 Sekunden abgegeben werden.

 Inwiefern ist es möglich, mit einem implantierten Defibrillator weiterhin Profisport und speziell eine Kontaktsportart wie Fußball auszuüben?

 Voss: Die weitere Ausübung von Profisportarten hängt sehr von der zugrundeliegenden Herzgrunderkrankung ab. Patienten mit einer Herzmuskelentzündung oder einer anderweitigen Herzschwäche müssen zumindest zeitweise Einschränkungen hinnehmen. Patienten mit einer anhaltenden Herzmuskelerkrankung (Kardiomyopathie) sind häufig nicht mehr in der Lage, am Spitzensport teilzunehmen. Liegen hingegen isolierte elektrische Störungen vor, kann im Einzelfall wieder Profisport betrieben werden. Der ICD bedarf bei Kontaktsportarten eines besonderen Stoß-Schutzes, der häufig schwierig zu bewerkstelligen ist.

 Gesetzt den Fall, Christian Eriksen erhält während eines Fußballspiels einen durch seinen „Defi“ ausgelösten Schock – müsste er dann vom Platz beziehungsweise wäre er überhaupt noch in der Lage, das Spiel zu Ende zu spielen? Wie empfinden die Betroffenen einen solchen Schock?

 Voss: Die lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung führt häufig infolge des Herzstillstandes zu einem Bewusstseinsverlust, so dass Christian Eriksen die Schockabgabe wahrscheinlich nicht wahrgenommen hätte. Dennoch wäre eine Spielfortsetzung nicht anzuraten, da nach einer Schockabgabe immer eine Überprüfung des ICDs hinsichtlich seiner korrekten Funktion vorgenommen wird. Zudem muss nach Umständen gesucht werden, die zum Auftreten der Rhythmus­störung beigetragen haben und die möglicherweise korrigiert werden müssen.

Viele Menschen denken bei einem „Defi“ spontan eher an ältere Menschen mit Herzschwäche, nicht aber an einen sportlichen 29-Jährigen wie Christian Eriksen. Unabhängig von seiner Fußballerkarriere – hat der Däne begründete Aussicht darauf, ein weitgehend unbeschwertes Leben mit normaler Lebenserwartung führen zu können?

Voss: Hierzu wäre eine genaue Kenntnis der Untersuchungsergebnisse seines Herzens erforderlich. Allerdings gibt es durchaus lebensbedrohliche Störungen der Herzelektrik, die bei sachgerechter Behandlung und Nachsorge eine normale Lebenserwartung erwarten lassen.

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