Krieg den Pickeln

TRIER/ULM. Sie sind lästige und unschöne Plagegeister, die Jugendlichen das Leben schwer machen: Pickel. „Wir suchen jetzt die Achillesferse des Bakteriums“, sagt Professor Peter Dürre von der Uni Ulm. Gemeinsam mit Kollegen ist er der genetischen Ursache für Pickel auf der Spur.

Fast jeder Jugendliche hat mit Akne zu kämpfen. Jeder siebte leidet so stark, dass Ärzte den Mitessern mit Antibiotika, Hautschälmitteln oder Kortison zu Leibe rücken müssen. Wie die Hautentzündung ausgelöst wird, ist bisher nicht in allen Details geklärt. Eine entscheidende Rolle spielt jedoch das Akne-Bakterium Propionibacterium acnes. Es ist normalerweise ein ganz friedlicher Geselle, der auch in der gesunden Haut in großer Zahl vorkommt, und besiedelt vor allem die Tiefen der Talgdrüsen.

Alles fressendes Bakterium

Diese Hautporen sind besonders im Bereich der Stirn, der Nase, der Wangen und der Brust zu finden. Die kleinen Allesfresser sind verwandt mit den Haarfollikeln, allerdings produzieren die Kleinstorgane nur sehr dünne, unscheinbare Haare, dafür aber umso mehr Talg. Die fetthaltige Substanz schützt die Haut vor der Austrocknung und hält sie geschmeidig.

Und wie entwickelt sich eine solche Talgdrüse zu einem Aknepickel? Die bloße Anwesenheit des Akne-Bakteriums reicht dazu jedenfalls nicht aus. Wichtig ist zunächst ein ordentlicher Hormonschub, wie er vornehmlich in der Pubertät auftritt. Bei Menschen, die unter Akne leiden, reagieren die Talgdrüsen besonders empfindlich auf männliche Hormone wie das Testosteron, das in geringerem Maße auch vom weiblichen Organismus gebildet wird. Das Testosteron kurbelt die Talgproduktion kräftig an. Hinzu kommt noch, dass die Hautzellen, die den Ausgang der Talgdrüse auskleiden, bei Aknepatienten leichter abschuppen und zum Verklumpen neigen. So bildet sich schnell ein Pfropf, der die Drüse verschließt.

Wie die Made im Speck

Und erst jetzt kommt unser Akne-Bakterium ins Spiel: Es wächst unter diesen Bedingungen besonders gut, und die hormonell angekurbelte Talgproduktion liefert ihm seine bevorzugte Nahrung in nahezu unbegrenzten Mengen. Unter diesen Bedingungen kommt es sich vor wie die sprichwörtliche Made im Speck und überwuchert seine mikrobiellen Konkurrenten mit Leichtigkeit. Was dann passiert, darin hat die Erbgut- Entschlüsselung des Pickel-Erregers nun tiefere Einblicke ermöglicht. Die Wissenschaftler spürten besondere Gene auf, die es dem Bakterium ermöglichen, nahezu sämtliche Substanzen des Talgs als Nahrungsquelle zu nutzen. Als Abfallprodukt der Verdauung entstehen Fettsäuren (vor allem Propionsäure). Diese Substanzen locken die Zellen des Immunsystems an, und die luftdicht abgeschlossene, mit Aknebakterien zum Platzen gefüllte Pore entzündet sich. Das umliegende Gewebe schwillt an, und durch die verstärkte Durchblutung verfärbt es sich rötlich. Der typische Aknepickel mit seinem zentralen Talgpfropf ist fertig.

Insgesamt haben die Wissenschaftler unter den mehr als 2300 Genen des Bakteriums 30 identifiziert, die direkt an der Entzündung beteiligt sind. Einige enthalten Bauanleitungen für Enzyme, die das Bindegewebe der Haut angreifen und dem Bakterium mehr Raum zum Wachsen verschaffen. Nun versuchen die Wissenschaftler herauszufinden, welche dieser 30 Gene sich als Angriffsziele für Akne-Medikamente eignen. Ihre Schätzung: In etwa vier bis fünf Jahren könnten aus diesen Erkenntnissen die ersten Akne-Wirkstoffe entwickelt werden. Mindestens so lange müssen sich pickelgeplagte Teenager also noch gedulden. Mit dem Akne-Erreger ist die Zahl der vollständig untersuchten Bakterien auf 180 gestiegen.

Der Ulmer Mikrobiologe Peter Dürre schätzt, dass mindestens 20 weitere für Medizin und Wirtschaft interessante Arten ebenfalls komplett dekodiert sind. Die Daten würden derzeit unter Verschluss gehalten, um die Konkurrenz nicht auf den Plan zu rufen.

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