Benefizaktion Kinderhospiz „Jedes Weihnachtsfest mit Noah ist für uns ein Geschenk“ (Video)

Trier · Noah leidet an einem lebensverkürzenden Gendefekt. Für die jungen Eltern und Schwesterchen Elena ist er der geliebte Mittelpunkt der Familie. Besonders jetzt, in der Weihnachtszeit.

 Das Weihnachtsfest hat für diese Familie eine ganz besondere Bedeutung: Noah mit seiner Schwester Elena und den Eltern Vanessa Rosch und Sven Pick.

Das Weihnachtsfest hat für diese Familie eine ganz besondere Bedeutung: Noah mit seiner Schwester Elena und den Eltern Vanessa Rosch und Sven Pick.

Foto: Rainer Neubert

Weihnachten vor einem Jahr war eine schlimme Zeit. „Da lag unser Sohn im Koma und wir haben damit gerechnet, dass er stirbt.“ Vanessa Rosch, die Mutter des vierjährigen Noah spricht leise. Ihr Sohn leidet am Menkes-Syndrom, einer seltenen Erkrankung, die auf einer Kupferstoffwechselstörung beruht. Noah ist blind, kann sich nicht bewegen und leidet an epileptischen Anfällen, muss künstlich ernährt werden und benötigt Unterstützung beim Atmen.

„Er hat das von mir“, sagt die 25-Jährige, die längst zur Expertin für die Erbkrankheit geworden ist, deren Ursache auf einem X-Chromosom liegt, weshalb fast ausschließlich Jungen massiv betroffen sind, weil sie im Gegensatz zu Mädchen nur über ein solches Chromosom verfügen. Elena, die fünfjährige Schwester von Noah, ist kerngesund.

„Sie liebt ihren Bruder sehr“, freut sich Mutter Vanessa. „Sie kuschelt viel, bringt ihm Spielsachen und macht Rollenspiele mit ihm.“ Manchmal darf sie auch gemeinsam mit Noah baden. Das funktioniert – wie vieles andere auch – nur mithilfe von Papa Sven Pick, der sich ebenso wie seine Verlobte rund um die Uhr um den gemeinsamen Sohn kümmert. „Elena beschäftigt sich aber auch bereits mit dem Tod.“

Das kleine Haus, in dem die vierköpfige Familie lebt, ist liebevoll adventlich geschmückt und blitzsauber, im Obergeschoss, dem Wohnzimmer, strahlen die bunten Lichter des Weihnachtsbaums. „Wenn ich starke Anspannung spüre, putze oder dekoriere ich“, sagt die junge Frau fast entschuldigend. Und erzählt, wie alles begonnen hat.

Noah aus Trier leidet am Menkes-Syndrom

Noah sei als gesunder Junge zur Welt gekommen. „Er war aber etwas zu klein und zu leicht und konnte Nahrung nur schlecht aufnehmen.“ Im dritten Monat kam dann hohes Fieber und Noah wurde schwer krank. „Damals haben die Ärzte gesagt, das kommt vom Zahnen.“ Doch der Gesundheitszustand des Babys verschlechtert sich dramatisch. Bei der Vorsorgeuntersuchung U4 verliert Noah plötzlich das Bewusstsein, fängt an zu krampfen. Er kommt auf die Kinder-Intensivstation, vier Monate lang, bis die dramatische Diagnose feststeht: Menkes-Syndrom, Lebenserwartung drei Jahre. „Damals habe ich versucht zu verdrängen“, erinnert sich die junge Frau. „Ich hatte Angst, wollte, dass es so schnell wie möglich vorbei ist.“

Beim zwölfwöchigen gemeinsamen Aufenthalt mit ihrem Sohn und Tochter Elena in der Brückenpflege der Nestwärme überwindet sie diesen Schutzreflex. Angeleitet durch qualifizierte Kinderkrankenpflegerinnen lernt sie, wie sie Noah helfen und annehmen kann, ohne Elena zu vernachlässigen. Tagesstruktur wird eingeübt. Die negativen Gedanken von damals sind heute nur eine Erinnerung. „Er ist ein Mama-Kindchen“, sagt sie, lächelt und streicht ihrem Sohn liebevoll über den Kopf. „Wir waren ja immer zusammen.“ Mit Reden und Berührung gelinge es ihr, ihn aus den epileptischen Krämpfen herauszuholen, die ihn immer wieder peinigen.

Noah muss rund um die Uhr versorgt werden

Noah liegt in einem erhöhten Therapiestuhl. „Das ist eine schöne Sache. Er kann so die Nähe zu uns genießen.“ Auch Papa Sven beteiligt sich nun am Gespräch. Gleichzeitig gibt er mit großer Ruhe und routinierten Bewegungen die zu dieser Zeit notwendigen Spritzen mit Nahrungslösung, Vitaminpräparaten und Medikamenten über einen dünnen Schlauch in die Magensonde seines Sohns. Er streichelt ihn immer wieder beruhigend und küsst ihn auf den Kopf. „Wir haben uns beide entschieden, immer für ihn da zu sein, solange er lebt“, versichert er und beantwortet eine weitere Frage des Reporters: „Ja, ich würde gerne arbeiten gehen, aber das ist nicht möglich.“

Der Kampf mit der Krankenkasse und die Hilfe von echten Freunden

Besuch bekommt die Familie nicht oft. „Die Leute haben Angst oder Sorge, dass etwas passieren könnte.“ Er spricht auch von Missgunst und Beschimpfungen, vor allem in den sozialen Netzwerken. Der Kampf mit der Krankenkasse um Hilfsmittel sei ermüdend. Ausschließlich positiv spricht er von den Freunden im Verein, der Spielgemeinschaft Zewen/Igel/Langsur, bei der er in der zweiten Mannschaft spielt. „Die haben uns sehr geholfen, damit wir ein behindertengerechtes Auto kaufen konnten. Und auf dem Sportplatz ist Noah unser Maskottchen, hat sogar ein eigenes Trikot.“

Das geht aber nur, wenn es ihm gut geht und das Wetter passt. Das gilt auch für Spaziergänge. „Er kann auch an einem Husten sterben“, weiß der Vater und schwärmt von den drei Tagen an der belgischen Küste im Sommer vergangenes Jahr. „Da ist es ihm wirklich gut gegangen, er hat nicht einmal Atemunterstützung gebraucht.“ Den nächsten Urlaub, eine ganze Woche in einem Châlet am Meer, hat er bereits gebucht.

Ein Kinderhospiz: temporäre Entlastung für Familien mit kranken Kindern

Doch dann kommt die Sprache wieder auf den Dezember vor einem Jahr. Da ging es Noah plötzlich so schlecht, dass seine Eltern entscheiden mussten, ob er fortan über eine künstliche Öffnung der Luftröhre, ein Tracheostoma, beatmet wird. „Wir hätten ihm das letzte bisschen Lebensqualität genommen und haben uns nach intensiver Beratung dagegen entschieden“, sagt Vanessa Rosch. „Wenn er nicht so wie jetzt atmen kann, lassen wir es geschehen.“

Noah hat auch diese schwere Krise überstanden. Einmal wöchentlich und bei Bedarf kommt nun das mobile Kinderpalliativteam aus dem saarländischen Merschweiler nach Zewen. Es arbeitet eng mit dem Verein Nestwärme zusammen, das im geplanten Neubau auf dem Trierer Petrisberg ein Kinderhospiz einrichten will. Das soll Raststätte für Familien wie die von Noah sein, wenn die Belastung zu groß wird. „Mir wurde schon empfohlen, mit Noah mal eine Auszeit in einem Hospiz zu nehmen“, sagt Vanessa Rosch. „Ich bin eigentlich nicht für so etwas – aber wenn die Nestwärme hier in der Region ein Kinderhospiz macht, dann kann ich mir das gut vorstellen.“ Schließlich kenne sie die Nestwärme und das Team schon. „Das ist dann familiär und es wird auch etwas für die Geschwister getan: Da kann ich mich eher wohlfühlen und Vertrauen haben.“

Noah wurde am Nikolaustag geboren. Er ist jetzt vier Jahre alt. „Nach der Krise vor einem Jahr war das für uns in diesem Jahr wie sein zweiter Geburtstag“, sagt seine Mutter. „Jedes Weihnachtsfest mit Noah ist für uns ein Geschenk.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort