Gut gedacht und schlecht gemacht

Gut gedacht ist noch lange nicht gut gemacht. Was als sogenannte Großregion zwischen Politikern aus der Wallonie, Luxemburg, Lothringen, dem Saarland und Rheinland-Pfalz in Sonntagsreden auf den Weg gebracht wurde, ist in gut zehn Jahren nicht viel mehr geworden als ein Wolkenkuckucksheim.


Zu unterschiedlich sind die Verwaltungsstrukturen in den einzelnen Teilregionen, zu ungleich ziehen die Beteiligten an einem Strang - sofern sie überhaupt in ein und dieselbe Richtung ziehen. Das langjährige Gerangel um das Haus der Großregion und einen möglichen Präsidenten für das Kunstgebilde sind da nur zwei Beispiele.
Dabei hat die Bevölkerung aus dem Vier-Länder-Gebiet längst mit den Füßen abgestimmt und Fakten geschaffen. Sie gehört zu den mobilsten in Europa, rund 210 000 Menschen pendeln täglich zwischen den Staaten und Regionen zur Arbeit.
Was die Politik nicht schafft, das versuchen die Menschen auf dem kleinen Dienstweg zu regeln. Sie helfen sich in Netzwerken, weil es trotz eines geeinten Europas noch faktische Grenzen gibt - etwa im Transportwesen, im Vertragsrecht oder im Arbeitsrecht.
Will Rheinland-Pfalz mit seiner Präsidentschaft in der Großregion gegen das bisherige Geplänkel ein Zeichen setzen, so wird es darauf ankommen, die täglichen Probleme der Menschen ernst zu nehmen. Den Schwerpunkt auf eine stärkere Bürgerbeteiligung und den ÖPNV zu legen, ist in diesem Zusammenhang ein geschickter Schachzug.
Der Vorteil dieser Amtsübergabe liegt wohl darin, dass mit dem Bundesland Rheinland-Pfalz nach Lothringen wieder ein halbwegs autonomes Verwaltungsgebilde die getroffenen Entscheidungen voranbringen kann. Die müssen für alle sichtbar und greifbar werden. Sonst wird die Großregion auch in den kommenden Jahren ein Wunschgebilde bleiben.

s.schwadorf@volksfreund.de

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