leserbriefe Abenteuerlich-grotesk, diskriminierend und tendenziös

Zum Kommentar „Die Angst und der falsche Schluss“ (TV vom 25./26. August) schreibt Horst Becker:

Selten habe ich so einen schlechten und tendenziösen Kommentar gelesen wie den von Werner Kolhoff. Unter dem Deckmäntelchen des parteipolitisch-unabhängigen Journalisten schreibt hier ein langjähriger SPD-Mann – er war Pressesprecher des SPD-geführten Berliner Senats unter Walter Momper sowie Mitarbeiter des Bundespresseamtes zur Zeit der Regierung Schröder und hatte in seinem Aufgabenbereich laut Wikipedia die Aufgabe, den Imageschaden, den Hartz-IV für die rot-grüne Regierung bei den SPD-Wählern verursacht hatte, zu beheben.

Er schreibt (verständlich!?) als Vertreter einer SPD, die vergeblich nach den Gründen für ihren dramatischen Abstieg sucht und dabei nicht begreift, dass ihre Schwerpunktsetzung an den Interessen ihrer klassischen Wählerklientel völlig vorbeigeht. Wer heute unbeirrt das Mantra der sozialen Gerechtigkeit wiederholt und Themen wie Mietpreisbremse, angeblich mangelnde Durchlässigkeit im Bildungssystem, Bürgerversicherung und den klassischen Arm-Reich-Gegensatz beackert und dabei das brennende Problem der Migrationskrise ausblendet bzw. kleinzureden versucht, darf sich nicht wundern, wenn er in der Wählergunst von einer Volkspartei zu einer Splittergruppierung im rot-grünen Milieu meist akademischer Wohlstandsbürger wird.

Bereits im vierten Jahr in Folge bestimmt die Zuwanderungsfrage die öffentliche Wahrnehmung und hat unser Land von Grund auf verändert. Die Menschen haben Angst vor Überfremdung, vor einer Überstrapazierung der sozialen Sicherungssysteme und vor zunehmender Kriminalität. Diese Ängste werden verstärkt angesichts der in Europa, in Bund und Ländern nicht wahrzunehmenden politischen Konzepte, wie mit der Migrationsfrage in Zukunft umzugehen sei. Keineswegs ist diese Frage zu einem „Rinnsal“ geworden, wie Kolhoff suggeriert, angesichts des zunehmenden Migrationsdrucks aus Afrika, und keineswegs ist die von ihm genannte Zahl von 300 000 Flüchtlingen, die angeblich in den Arbeitsmarkt integriert wurden, ein Anlass, sich erleichtert zurückzulehnen. Natürlich haben diese von mir beschriebenen Umstände dazu beigetragen, der AfD einen Stimmenzuwachs in der ganzen Republik, in den städtischen Ballungszentren und im ländlichen Raum zu ermöglichen. Geradezu abenteuerlich-grotesk und diskriminierend ist  die Analyse Kolhoffs, die Bürger der ehemaligen DDR würden der AfD zunehmend ihre Stimmen geben, weil sie vom Westler kulturell überfremdet worden seien. Wer so kommentiert, ist nicht ernst zu nehmen, der zieht einfach „den falschen Schluss“.

Horst Becker, Arzfeld

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