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Anita Adams aus Kirchweiler in der Eifel schreibt: Sehr geehrter Herr Reinhart, seit geraumer Zeit fällt mir beim Betrachten der Fotos im TV auf, dass oft die Köpfe angeschnitten sind. Meine Vermutung, dass dies auf den ursprünglichen Bildern vielleicht nicht der Fall und somit vom Fotografen auch nicht gewollt ist, wurde mir bestätigt, als ich am 6./7. April in der Dauner Zeitung den Beitrag über das Orgeljubiläum von Alois Merkes sah.

Ich frage mich, warum man den Kopf des Pfarrers Ludwig Hoffmann nicht ganz auf dem Bild gelassen hat. Ich weiß, dass Ihre Zeitung sich mit dieser Praxis des "Köpfe-Anschneidens" in guter Gesellschaft befindet - aber nur weil etwas gerade modern ist, muss es nicht unbedingt schöner oder besser sein! Und es wird ja nicht bei allen Fotos gemacht. Sie haben wohl Glück, dass Sie in voller Haarpracht über der Kolumne prangen dürfen. Und Ihre Kollegen auch. Wird da vielleicht mit zweierlei Maß gemessen? Liebe Frau Adams, vielen Dank für Ihre Zuschrift. Das haben Sie gut beobachtet: Die Bildsprache in Zeitungen und Zeitschriften ist frischer, forscher, frecher als jemals zuvor. Zum einen, weil die Fotografie sich weiterentwickelt, zum anderen, weil es immer stärkerer Reize bedarf, um die Aufmerksamkeit der Leser zu wecken. Auf uns alle prasseln täglich Zehntausende von Eindrücken, Botschaften, Informationen herein. Wir leben in einem visuellen Zeitalter, die Bilder rauschen nur so an uns vorbei. Es muss also schon etwas Besonderes sein, etwas, das uns berührt und innehalten lässt. Für Blattmacher heißt das: keine langweiligen Illustrationen auswählen, sondern möglichst spannende, ungewöhnliche Motive, alles Beiläufige abschneiden, auf überflüssige Details verzichten - mit dem Ziel, den Betrachter zu fesseln und ihn zum Lesen zu verführen. Bilder werden bearbeitet, wie Texte. Dabei kommt es auf das Fingerspitzengefühl an: bitte nicht übertreiben, bitte nicht ohne Sinn und Verstand herumschnippeln, sondern immer die ästhetische Wirkung berücksichtigen. Manche Motive gewinnen dank eines kühnen Schnitts: Porträts von Politikern etwa, wieder und wieder abgelichtet (wie leicht drohen Monotonie und Überdruss!); andere wirken albern, verunstaltet oder gar verletzend, wenn die Schere am Kopf falsch angesetzt wird. Krasse Kunstfehler sind selten, aber sie passieren. Leider. Herzliche Grüße! Peter Reinhart, stellvertretender Chefredakteur Lob, Kritik, Anregungen? E-Mail: forum@volksfreund.de Mehr Kolumnen im Internet: http://forum.blog.volksfreund.de

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