Tosender Applaus

Zum Artikel "Cruzifixus und Isoldes Liebestod" (TV vom 9. August):

Ich erlebte in Manderscheid einen wunderbaren Klavierabend mit Martin Stadtfeld und war daher entsetzt, eine derartige Kritik im TV zu lesen.

Die Kirche war sehr schön hergerichtet und von ihrer Akustik ideal für den Konzertflügel geeignet. Herr Stadtfeld eröffnete seinen Abend mit einer sehr einfühlsamen Interpretation der Waldszenen von Robert Schumann.

Keineswegs war "Schwere zu hören", vielmehr konnte er mit großen Pianisten wie Wilhelm Kempff durchaus mithalten. Schließend spielte der Musiker Bachs Orgelvorspiele in einer Klavierversion von Busoni. Seine Imitation der Orgel war wirklich genial. Das Tempo war angemessen und keineswegs "wahnwitzig". Das Publikum belohnte diese großartige Leistung zu Recht mit tosendem Applaus und Bravo-Rufen. Sicherlich war jetzt allen Zuhörern klar, warum Herr Stadtfeld den Bachweltwettbewerb in Leipzig gewonnen hatte.

Nach der Pause widmete sich der Künstler dem Komponisten Franz Liszt. Man muss wissen, dass Liszt seine Klavierwerke größtenteils für sich selbst geschrieben hat und damit seine großen technischen Fähigkeiten am Klavier unter Beweis stellen wollte. Daher sind alle seine Werke technisch sehr schwierig, und manchmal steht diese Virtuosität im Vordergrund, etwa bei seinen Konzert-Etüden, nicht jedoch bei den von Stadtfeld ausgewählten Werken. Die Ouvertüren zu Tannhäuser interpretierte der Pianist genau mit der für Richard Wagner notwendigen "Dramaturgie", und auch dies wurde vom Publikum verstanden.

Zur Frage, was Richard Wagner in einer Kirche zu suchen hat, sollte man sich das Textbuch von Tannhäuser vornehmen. Auch darf bemerkt werden, dass bei der Beerdigung von Franz Liszt auf der Orgel Opernwerke von Richard Wagner erklangen (Wagner war der Schwiegersohn von Liszt).

Warum Isoldes Liebestod sich nach nur kurzer Pause an die Bachvariationen anschloss, konnte ich mir auch nicht erklären.

Hier hätte man sicher ein kurzes Interview mit Martin Stadtfeld führen können, denn was man nicht versteht, muss noch lange nicht "skurril" sein.

Insgesamt bot Herr Stadtfeld eine hervorragende Leistung, die vom Zuhörer zu Recht mit viel Applaus bedacht wurde. Die wirklich jeder Grundlage entbehrende TV-Kritik wird allerdings zukünftige große Künstler davon abhalten, in die Eifel zu kommen.

Dr. med. Claudia Steigerwald, Stadtkyll

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