Lautzenhausen Flughafen Hahn: Leerstände und Liebeserklärungen

Hahn/Frankfurt · Der defizitäre Hunsrück-Airport Hahn kommt nicht aus den Turbulenzen. Die Stimmung schwankt. Was sagen Passagiere und Geschäftsführung?

 Christoph Goetzmann, Mitglied der Hahn-Geschäftsführung, steht am Flughafen Hahn vor einer Boeing 737 der irischen Ryanair. Der defizitäre Hunsrück-Airport Hahn kommt nicht aus den Turbulenzen.

Christoph Goetzmann, Mitglied der Hahn-Geschäftsführung, steht am Flughafen Hahn vor einer Boeing 737 der irischen Ryanair. Der defizitäre Hunsrück-Airport Hahn kommt nicht aus den Turbulenzen.

Foto: dpa/Thomas Frey

In der oberen Etage des Terminals am Hunsrück-Flughafen Frankfurt-Hahn gähnt der Leerstand. „Wir bauen für Sie“, verkündet auf einem Plakat in einem Schaufenster ein lustiger Vogel zwischen Baustellen-Pylonen. Das tut er schon sehr lange. Auch das Restaurant „Flyer One“ ist hier bereits vor Jahren verschwunden. Amy Feng, eine junge Chinesin, fegt den Boden der menschenleeren Halle: „Mir gefällt es hier sehr gut.“ Die Stimmung an dem abgelegenen und defizitären Flughafen schwankt zwischen Pessimismus und Optimismus.

Kürzlich haben Spekulationen die Runde gemacht, dass sich Ryanair aus dem Hunsrück komplett zurückziehen könnte. Europas größte Billig-Fluggesellschaft ist hier die mit Abstand wichtigste Passagier-Airline. Der Flughafen spricht von Unsinn, die irische Ryanair, die einen Teil ihrer Hahn-Flüge nach Frankfurt/Main verlagert hat, betont, keine Gerüchte zu kommentieren. Das Frachtaufkommen wächst im Hunsrück, das Passagiergeschäft schrumpft.

Manche befürchten das Schlimmste. „Sie wollen den Hahn ja schließen, habe ich gehört“, sagt die Touristin Carmen Wölflinger aus Saarbrücken vor ihrem Abflug nach Alicante. „Das wäre schade. Von Saarbrücken aus gibt es keine Flüge nach Südspanien, und der Flughafen Zweibrücken ist ja schon seit Jahren geschlossen.“

Optimistischer zeigt sich Caroline Marton, Inhaberin einer Boutique im Hahn-Terminal: „Ryanair wird nicht abziehen.“ Sie verweist auf den nahen Hangar, wo die Air­line überwiegend nachts ihre Maschinen wartet, und das Ryanair-Ausbildungszentrum mit einem Flugzeugkabinen-Modell, in dem angehende Flugbegleiter aus ganz Europa ihren Job lernen und örtlichen Zimmervermietern Einnahmen bescheren.

Marton erinnert daran, dass der große chinesische Mischkonzern HNA im vergangenen Jahr 82,5 Prozent der Hahn-Anteile vom Land Rheinland-Pfalz gekauft hat – die anderen 17,5 Prozent hält noch Hessen. „HNA hat sich das genau überlegt, die betreiben ja schon sehr große Flughäfen.“

In Martons Boutique shoppt die Unternehmensberaterin Katja Hillert aus Westerburg im Westerwald: „Normalerweise fliege ich mit Lufthansa von Frankfurt. Aber jetzt habe ich den Ryanair-Flug nach Alicante für ein Mädel-Wochenende geschenkt bekommen. Hier am Hahn fühle ich mich sicherer als in Frankfurt. Alles ist überschaubarer und uriger, nicht so beklemmend wie in Frankfurt mit den langen Wegen.“

In der Warteschlange für den Flug nach Alicante steht auch der Urlauber Roger Lossjew aus Brauneberg bei Bernkastel-Kues: „Vielleicht spekuliert die Ryanair ja darauf, dass die Chinesen den Hahn irgendwann abstoßen, um ihn dann zu kaufen. Aber das ist nur so ein Gedankengang.“ Er hoffe, dass der Flughafen überlebe, sagt Lossjew. Sonst würden Urlaubsreisen umständlicher.

HNA hat für Milliarden Unternehmen im Westen erworben, sich immens verschuldet und wieder Firmenanteile verkauft. Seit kurzer Zeit erst prangen die drei HNA-Buchstaben groß und nachts beleuchtet am Hahn-Terminal. Christoph Goetzmann, Mitglied der Hahn-Geschäftsführung, sagt: „Es ist wichtig, dass die Handschrift der HNA mehr zu sehen ist.“ Bislang hätten sich die Chinesen eher im Hintergrund gehalten, aber schon genau geschaut, wohin ihre Investitionen fließen sollten – beispielsweise in die Sanierung des Vorfelds für Flugzeuge.

Die Spekulationen über die Zukunft des ehemaligen US-Fliegerhorsts verunsichern auch die Belegschaft. Rund 300 Mitarbeiter zählt die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH noch. „Zu einem Kahlschlag ist es nicht gekommen“, versichert Goetzmann. Für die Abfertigung sei sogar zusätzliches Personal herangezogen worden. In anderen Bereichen, die der Manager nicht nennen will, sei die Zahl der Stellen gesunken.

Mit Blick auf die schon lange laufende Verringerung des Ryanair-Angebots am Hahn spricht Goetzmann von einer verstärkten Werbung um andere Fluggesellschaften. Er zählt die Vorteile des Flughafens auf: Seltene Nachtflugerlaubnis, preiswertes Parken, kurze Wege und Passagier-Warteschlangen, die „in Frankfurt als Fast Lanes (Überholspuren) verkauft würden“.

Boutique-Inhaberin Caroline Marton sagt: „Ich bin seit 16 Jahren am Standort und habe alle Höhen und Tiefen erlebt.“ Einen zweiten Laden am Flughafen Köln/Bonn habe sie wieder geschlossen. „Hier aber will ich bleiben – bis zum Rollator“, versichert die Geschäftsfrau. „Ich liebe den Hahn und mache hier heiter weiter.“

(dpa)
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