Der Trierer Bischof fliegt nur Holzklasse

Mit einer mehrköpfigen Delegation reist der Trierer Bischof Stephan Ackermann am Sonntagabend ins Partnerland Bolivien. Auf dem Programm stehen viele Flüge, noch mehr Gespräche und ein Jubiläumsfest. Zu der 50-Jahr-Feier reisen auch zwei regionale CDU-Bundestagsabgeordnete an.

 Freut sich auf Bolivien: Stephan Ackermann. Foto: TV-Archiv/Vetter

Freut sich auf Bolivien: Stephan Ackermann. Foto: TV-Archiv/Vetter

Trier. Nein, eine Vergnügungsreise wird der bevorstehende Bolivien-Trip des Trierer Bischofs nicht: neun Flüge in zehn Tagen, dazu Aufenthalte in Höhen bis zu 4000 Metern, wo die Luft ziemlich dünn ist, da kommt auch ein mit 47 Jahren eher jugendlicher Bischof schon mal an seine Grenzen. Für Stephan Ackermann ist es die Bolivien-Premiere - und das im Jubiläumsjahr: Seit einem halben Jahrhundert werden vom Bistum vor allem Sozial- und Bildungsprojekte in dem Andenstaat unterstützt.

Der Bischof wollte extra Spanisch büffeln, um in Bolivien nicht ausschließlich auf Dolmetscher angewiesen zu sein. Ob der Wortschatz langt, um abends einen vino tinto (Rotwein) zu bestellen, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen. Natürlich fliegt der Trierer Bischof nicht allein: Sein Bischofskaplan Frank Kleinjohann ist unter anderem mit an Bord, seine Finanzchefin Kirsten Straus und auch der Vorsitzende des obersten Trierer Laiengremiums, Manfred Thesing.

In Bolivien trifft Stephan Ackermann auch bekannte Gesichter aus der Heimat. Mehrere Reisegruppen aus der Region sind zeitgleich dort. Und auch die CDU-Bundestagsabgeordneten Bernhard Kaster (Trier) und Patrick Schnieder (Arzfeld) haben sich angesagt. Als Mitglieder der deutsch-südamerikanischen Parlamentariergruppe sind die beiden Politiker quasi Bolivien-Experten. Und etwa bei den Jubiläumsfeierlichkeiten in der Hauptstadt Sucre mit dabei, "weil das Bistum darum gebeten hat" (Kaster). Auch die Grüne Ulrike Höfken war eingeladen, sagte aber ab: "Wenn ich die Bolivien-Reise mit anderen politischen Diskussionen hätte verbinden können, wäre ich mitgeflogen. Das Engagement des Bistums unterstütze ich."

Da in Berlin Sitzungswoche ist, fliegen Kaster und Schnieder erst nächsten Freitag. "Es ist eine politische Dienstreise", sagt Kaster und verweist auf Dutzende Treffen und Gespräche mit bolivianischen Politikern und Wirtschaftsvertretern, die teils von der deutschen Botschaft in La Paz organisiert würden. "Ein dichtes Programm", sagt der Christdemokrat.

Hatte nicht Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erst vor kurzem die Abgeordneten wegen zu vieler Auslandsreisen gerügt und zur Mäßigung aufgerufen? Im vergangenen Jahr fielen Kosten von rund 1,4 Millionen Euro an; und in den ersten Monaten dieses Jahres wurden von den Abgeordneten bereits mehr Auslandsdienstreisen beantragt als 2009.

Der alte CDU-Andenpakt ist tot, es lebe der neue

 Auf der „Plaza Treveris“ (Trier-Platz) in Sucre mit seiner (fast) originalgetreuen Kopie des Trierer Marktkreuzes wird sich die Ackermann-Delegation wie zu Hause fühlen. TV-Foto: Rolf Seydewitz

Auf der „Plaza Treveris“ (Trier-Platz) in Sucre mit seiner (fast) originalgetreuen Kopie des Trierer Marktkreuzes wird sich die Ackermann-Delegation wie zu Hause fühlen. TV-Foto: Rolf Seydewitz

 Der neue CDU-Mini-Andenpakt: die Abgeordneten Bernhard Kaster (links) und Patrick Schnieder. Fotos: TV-Archiv

Der neue CDU-Mini-Andenpakt: die Abgeordneten Bernhard Kaster (links) und Patrick Schnieder. Fotos: TV-Archiv



Offensichtlich gehen nicht alle Reiseanträge über den Tisch des Parlamentspräsidenten. "Unsere Dienstreise wurde von der Fraktion genehmigt", sagt Bernhard Kaster. "Die Einladung und der Wunsch des Bistums waren auch für die Fraktion ausschlaggebend, ein Zeichen zu setzen, das Engagement der Kirche in Bolivien zu stärken."

Bei der Frage nach den Kosten für den Anden-Trip zuckt Kaster mit den Schultern. "Das kann ich erst nach der Rückkehr beantworten", sagt er, "aber wir schauen schon, wie wir das am günstigsten hinbekommen."

Nach ihrer Bolivien-Visite fliegen Kaster und Schnieder noch für vier Tage nach Peru - zu weiteren politischen Gesprächen. Mitte Juli werden sowohl die Ackermann-Delegation wie auch der "Mini-Andenpakt" Kaster und Schnieder (siehe Stichwort) wieder nach Trier zurückkehren. Der kleine Unterschied: Der Trierer Bischof fliegt "Holzklasse" (economy class), während die beiden Christdemokraten in der komfortablen "business class" die Beine ausstrecken können. Stichwort Als Andenpakt wird ein CDU-Netzwerk bezeichnet, das zwölf Mitglieder der Jungen Union 1979 auf einem Nachtflug von Caracas nach Santiago de Chile gegründet haben. Zu den ungeschriebenen Gesetzen des Bündnisses zählte vor allem Loyalität: Kein Mitglied des Paktes kandidiert gegen ein anderes oder fordert dessen Rücktritt. Als Mitglieder galten unter anderem Roland Koch, Christian Wulff, Friedbert Pflüger oder der Trierer Christoph Böhr. Seit 2007 ist der Andenpakt angeblich Geschichte.

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