Dobrindt macht Deutschland zur Großbaustelle

Viele Landräte, aber auch viele Bürgerinitiativen dürften nun in den 195 Seiten stöbern. Es wird Jubel wie Enttäuschung geben, auch Protest. Denn Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat am Mittwoch in Berlin den Kabinettsbeschluss für einen neuen Bundesverkehrswegeplan präsentiert. Er sieht bis 2030 Ausgaben von 269 Milliarden Euro vor und macht Deutschland zur Großbaustelle. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

 Im Bundesverkehrswegeplan, den das Kabinett beschlossen hat, steht auch der A 1-Lückenschluss. TV-Foto: Mario Hübner

Im Bundesverkehrswegeplan, den das Kabinett beschlossen hat, steht auch der A 1-Lückenschluss. TV-Foto: Mario Hübner

Foto: Mario Huebner (mh) ("TV-Upload Huebner"

Was regelt der Bundesverkehrswegeplan?
Nur die Verkehrswege des Bundes. Das sind 13 000 Kilometer Autobahnen und 39 000 Kilometer Bundesstraßen. Auch für das 33 000 Kilometer lange Schienennetz ist Berlin zuständig. Hinzu kommen Binnenwasserstraßen mit einer Länge von 7300 Kilometer. Über 2000 Wünsche hatten Länder und Kommunen angemeldet; sie mussten nach Dringlichkeit sortiert werden. Maßstab dabei: Erhalt sollte vor Neubau gehen und die Beseitigung von Engpässen ganz oben stehen. Nur Projekte, die in die Dringlichkeitsstufen "Vordringlicher Bedarf" (VB) oder "Vordringlicher Bedarf - Engpassbeseitigung" (VB-E) eingestuft wurden, haben echte Realisierungschancen. Vorhaben auf der Liste "Weiterer Bedarf (WB)" müssen warten.
Wieviel Geld steht zur Verfügung?
Das Gesamtvolumen beträgt 269,6 Milliarden Euro. Davon sind 141,6 Milliarden für die Erhaltung oder den Ersatz bestehender Strecken vorgesehen, der Rest für Neubauprojekte. Zum Teil kommt das Geld aus der LKW-Maut, die ab 2018 auf allen Bundesstraßen gilt. Zugrunde liegt dem Ganzen die Prognose, dass die Verkehrsleistung im Personenverkehr in Deutschland bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 2010 um insgesamt 12,2 Prozent zunimmt, der Güterverkehr im selben Zeitraum sogar um 38 Prozent.

Wieviel geht in den Straßenverkehr? Fast die Hälfte des Geldes, rund 132,8 Milliarden Euro, wovon wiederum etwas mehr als die Hälfte der Instandhaltung und Reparatur dient. Vor allem die vielen maroden Brücken sollen saniert werden; 14 Prozent von ihnen gelten als dringend reparaturbedürftig. Hinzu kommt der Ausbau von Autobahnkreuzen sowie so mancher Ortsumgehung. Insgesamt glaubt das Ministerium kapazitätsbedingte Engpässe auf einer Streckenlänge von annähernd 1700 Kilometern abbauen zu können. Dadurch könnten jährlich mehr als 150 Millionen Fahrzeugstunden mit Staus vermieden werden.

Was entfällt auf die Bahn und die Schifffahrt? Rund 112,3 Milliarden Euro sollen bis 2030 in das Schienennetz investiert werden, fast die Hälfte in Aus- und Neubau. Die größten Vorhaben konzentrieren sich auf die Rhein-Schiene sowie den Engpass zwischen Hannover und Hamburg/Bremen. Die zusätzlichen Kapazitäten führen laut der Prognose des Verkehrsministeriums zu einer stärkeren Nutzung der Bahn, so dass über eine Milliarde PKW-Kilometer sowie über 780 000 LKW-Fahrten pro Jahr vermieden werden könnten. Für die Bundeswasserstraßen sollen 24,5 Milliarden Euro ausgegeben werden, weit überwiegend für Sanierungsmaßnahmen. Denn viele Anlagen wurden vor 1950 errichtet, 20 Prozent der Schleusen sogar vor 1900.

Gibt es Kritik an dem Mammutwerk?
Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte Dobrindts ursprünglichen Entwurf nicht passieren lassen und Nachbesserungen verlangt. Das ihr unterstehende Umweltbundesamt erklärte, das Werk vertrage sich nicht mit dem Klimaschutzplan der Bundesregierung, für die Schiene müsse deutlich mehr ausgegeben werden als für den Straßenverkehr. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter schrieb in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel, der Plan ignoriere "fast alles, was in Sachen Klima- und Umweltschutz je vereinbart wurde". Allerdings wurden in letzter Minute die Gewichte noch leicht zugunsten der Schiene verschoben, beim Ausbau nach 2031 liegt sie nun sogar vor der Straße. Der SPD-Verkehrspolitiker Sören Bartol zeigte sich deshalb am Mittwoch zufrieden mit dem Ergebnis und nannte es "das größte Antistauprogramm der kommenden Jahre".

Wie geht es weiter?
Zunächst muss der Bundestag im Herbst die Ausbaugesetze auf den Weg bringen. Bis die Bagger rollen, dauert es aber auch danach noch. Für die konkrete Finanzierung und genaue Planungen vor Ort sind weitere Verfahren nötig. Fast 43 Milliarden Euro aus dem Gesamtplan dienen zudem zum Abfinanzieren von Vorhaben, die kurz vor 2030 beginnen und erst danach umgesetzt werden können.

Der komplette Plan mit allen Projektlisten unter <%LINK auto="true" href="http://www.bmvi.de" text="www.bmvi.de" class="more"%>

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