Hollande bügelt Fragen zu Frauen ab

Paris · Spannung pur vor der Pressekonferenz des französischen Präsidenten - und danach Enttäuschung bei allen, die klare Worte zu seiner vermeintlichen Liebesaffäre erwartet hatten. François Hollande spricht über Politik.

Paris. Ein prunkvoller Festsaal, ein Sprecherpult, ein Präsident und rund 600 französische und internationale Journalisten - selten war eine Pressekonferenz im Elysée-Palast mit so viel Spannung erwartet worden, wie diesmal. Weniger wegen der guten Vorsätze und politischen Ziele, die François Hollande für das Jahr 2014 anzukündigen hatte, als wegen des einen, alles beherrschenden Themas: Die angebliche "Affäre" des französischen Staatschefs mit der Schauspielerin Julie Gayet.
Wer würde die unvermeidliche Frage zum Wahrheitsgehalt der jüngsten Enthüllungen als erster stellen? Würde François Hollande das leidige Thema am Ende gar selbst ansprechen?
Hollande, der eigentlich alles anders machen wollte und im Wahlkampf einen "normalen" Präsidenten versprochen hatte, hätte sich die öffentliche Peinlichkeit der Situation gerne erspart. So mussten die Journalisten auch erst die langen Ausführungen des Staatschefs abwarten, bevor ein Medienvertreter sich endlich vorwagte: "Ist Valérie Trierweiler heute noch Frankreichs Premiere Dame?" erkundigte sich der Vorsitzende der Präsidentenpresse nach dem Status von Hollandes offizieller Noch-Lebensgefährtin, die sich nach einem "emotionalen Schock" derzeit im Krankenhaus befindet.
Wer indes auf eine ausgiebige Klarstellung gehofft hatte, wurde enttäuscht. Mit wenigen Worten schlug Hollande das Kapitel auch schnell wieder zu: Zwar räumte er "schwere Zeiten" in seiner Beziehung mit Trierweiler ein, wollte sich vorerst aber nicht weiter dazu äußern. "Ich habe ein Prinzip - dass Privatangelegenheiten auch privat behandelt werden." Zwar versprach er, die Situation noch vor seiner im Februar geplanten USA-Reise zu klären, jetzt sei es aber "weder der Ort, noch der Moment, dies zu tun."
Stattdessen wandte sich der Staatschef rasch wieder der Wirtschaftspolitik zu und erläuterte seinen "Pakt der Verantwortung" für die Unternehmen, der auf dem Prinzip beruht: Weniger Abgaben gegen mehr Einstellungen und mehr Dialog mit den Sozialpartnern. Um die lahmende Konjunktur wieder anzukurbeln, kündigte Hollande Entlastungen in Höhe von 30 Milliarden Euro für die Unternehmen an. Frankreich müsse "mehr und besser" produzieren, forderte er.
Im Kampf gegen das nach wie vor hohe französische Haushaltsdefizit versprach Hollande überdies, künftig stark bei den öffentlichen Ausgaben zu kürzen: Von 2015 bis 2017 stellte er Einsparungen von 50 Milliarden Euro in Aussicht. "Das gab es bislang noch nicht", sagte er. Es gehe aber nicht darum, "blind" zusammenzustreichen. Vielmehr seien "Strukturreformen" nötig. Das sind ungewöhnliche Worte für einen französischen Sozialisten, der vor grundlegenden Reformen bisher zurückschreckte und kein anderes Rezept zu kennen schien, als permanent an der Steuerschraube zu drehen. Während die Arbeitgeber den Wandel begrüßen dürften, sorgt sich die französische Linke bereits um einen zu liberalen neuen Kurs des Präsidenten. Die vielen neu eröffneten Baustellen zeigen, dass sich der Sozialist nach langem Zögern doch für eine sozialdemokratische Linie entschieden hat.
Ob dem Staatschef damit wirklich ein Neustart gelingen wird, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass das Timing der Pressekonferenz nicht schlechter hätte sein können. Zwar ist Hollande das Kunststück gelungen, sämtliche Fragen zu seiner vermeintlichen Affäre abzubügeln. Dennoch schwächen die Enthüllungen den ohnehin schon ungeliebten Präsidenten und lassen zahlreiche Franzosen weiter an seinem gegebenen Wort zweifeln.Meinung

Durchkreuzte PR-Strategie
Immer, wenn man glaubt, es könne für François Hollande nicht noch schlimmer kommen, dann kommt es doch noch schlimmer. Das war schon im vorigen Herbst der Fall, als der Wirbel um die umstrittene Abschiebung eines Romamädchens beim Schulausflug die vorangegangene Revolte der "Rotmützen" und den Protest gegen die Hochsteuerpolitik der Regierung noch toppte. Eigentlich wollte der Präsident diese unglückliche Episode vergessen machen und 2014 unter einem neuen Stern beginnen. Allein: Der neue, diesmal private Wirbel an der Staatsspitze hat die sorgfältig geplante gestrige große Pressekonferenz des Präsidenten gehörig durcheinandergebracht. Seit die angebliche Liebesaffäre Hollandes mit einer Schauspielerin in der Welt ist, interessiert sich kaum mehr jemand für die versprochene Senkung der Lohnnebenkosten. Stattdessen dominiert der Eindruck, der Präsident habe einmal mehr die Dinge nicht im Griff und kümmere sich um andere Dinge denn um die angeschlagene Wirtschaftslage seines Landes. Das ist vor allem deshalb dramatisch, weil Hollande seit seinem Amtsantritt ohnehin schon Fehlschlag an Fehlschlag reiht. Es stimmt: Auch ein François Hollande hat ein Recht auf sein Privatleben. Wenn aber - wie in seinem Fall - alles zusammenkommt, dann wird es durchaus auch ein öffentliches Problem. Zumal die Franzosen zu Recht gerne wissen möchten, wer nun wirklich die "Premiere Dame" - oder besser gesagt "Erste Freundin" - im Lande ist. Immerhin hat diese, auch als unverheiratete Partnerin, Anrecht auf ein Büro im Elysée-Palast sowie einen Stab von Mitarbeitern - auf Kosten des Steuerzahlers. Spätestens da hört die Privatsphäre auf. nachrichten.red@volks freund.de

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