Was machen Sie 2017 denn so, Frau Bundeskanzlerin?

Berlin · Scheinbar häufen sich die Nachrichten: Angela Merkel werde ihr Amt vorzeitig abgeben, um nicht abgewählt zu werden wie einst Helmut Kohl. Das berichtete vor einem Jahr die Bild-Zeitung und jetzt ähnlich der Spiegel. Freilich, es ist derselbe Autor, der das behauptet, er hat nur den Arbeitgeber gewechselt. Wahrer wird die These dadurch nicht.

Berlin. Ganz Berlin redet über das Thema Merkel. Und zwar nicht nur die Journalisten. Sondern auch, höchst bereitwillig, Mitglieder des Kabinetts und Führungspersonal der CDU. Damit entfaltet die Sache eine eigene politische Kraft. Auch morgen am Rande der Feierstunde im Konrad-Adenauer-Haus der CDU zu Ehren des 60. Geburtstages der Kanzlerin wird darüber getuschelt werden. Merkel ist nun neun Jahre im Amt.
Niemand weiß, was in ihrem Kopf zu dieser Frage vor sich geht. Da Berlin geschwätzig ist, muss man annehmen, dass sie darüber mit niemanden gesprochen hat, außer mit ihrem Mann Joachim Sauer. Amtsmüde ist Merkel augenscheinlich nicht. Ihr Arbeits- und Reisepensum ist hoch wie immer. Was man allerdings neuerdings registriert, ist eine gewisse Arroganz im Umgang mit Medien. Es gibt schon lange keine Hintergrundgespräche mehr, in denen sie ihre Politik zu vermitteln sucht, und die frühere Herzlichkeit ist glatter Routine gewichen. Man spürt, dass Merkel die Presse nicht mehr so wichtig für ihren Erfolg findet. So begann auch Helmut Kohls Abstieg.
Kohl konnte nicht von der Macht lassen und wurde 1998 regelrecht abgewählt, als die Deutschen seiner überdrüssig waren. Merkel wolle diese Situation vermeiden und selbstbestimmt abtreten, heißt es. Einer aus der CDU-Führung sagt: "Sie hält sich nicht für unentbehrlich, sie will nicht im Kohl-Tunnel enden". Aber, darauf weist man in der Union ebenfalls hin, die Lage sei gänzlich anders als 1998. "Es gibt noch gar nicht wie bei Kohl das Gefühl, dass hier langsam etwas zu Ende geht". Mindestens einmal könne die Kanzlerin noch antreten.
In der Union bangt man darum, denn im Moment ist Merkel eine Art Wiederwahlgarantie. Umgekehrt ist es bei den Sozialdemokraten, die unter Sigmar Gabriel wieder gut organisiert sind, aber in den Umfragen nicht vom Fleck kommen, solange Merkel amtiert. Wäre ein fliegender Wechsel, etwa 2016, eine Möglichkeit? Amtsübergabe mitten in der Legislaturperiode an die jetzige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen? Das ist die aktuelle Spekulation. Zwar würde die SPD als Koalitionspartner das wohl mitmachen.
Doch in der Union wird darauf hingewiesen, dass von der Leyen in den eigenen Reihen nicht unumstritten ist und erst recht nicht bei der CSU, mit der man 2017 doch einen gemeinsamen Kanzlerkandidaten aufstellen müsse. Streit aber könne die Macht gefährden.
In der engsten Führung der Sozialdemokraten hat man unterschiedliche Einschätzungen. Die eine Seite glaubt, Merkel werde aus Rücksicht auf den Machterhalt der Union weitermachen. Die andere traut ihr zu, dass sie auf dem Höhepunkt ihres Ansehens freiwillig geht. Sicher sei ein Wechsel jetzt schwierig, heißt es. Aber werde es nach einer Wiederwahl leichter? Tatsächlich hat noch nie ein Bundeskanzler freiwillig und kontrolliert die Macht abgegeben und nur äußerst selten ein Ministerpräsident.
Und dann ist da noch ein Faktor, den in Berlin erst recht niemand einschätzen kann: Das Private. Nach jetzigem Stand hört die Forschungsprofessur ihres Mannes Joachim Sauer an der Humboldt-Universität Ende 2017 auf. Sauer ist dann 68 Jahre alt, Angela Merkel 63. Haben beide noch einen anderen Lebensplan als das derzeitige Nebeneinanderherleben, das das Staatsamt mit sich bringt? Gibt es gar, wie manche wissen wollen, eine geheime Verabredung dergestalt, "dass dann endlich mal der Ehemann dran ist"? Oder spielt die Ehe keine so große Rolle?
Angela Merkel hat vor einigen Tagen gesagt, dass sie "diese Legislaturperiode" als Bundeskanzlerin weiterarbeiten wolle. "Und dann sehen wir weiter." Vor der Wahl 2017 also gibt es eine Entscheidung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort