Ein Schloss im Dornröschenschlaf

Die Außenfassade feucht, die Fenster vernagelt, der Garten voll Unkraut: Obwohl der bisherige Eigentümer ehrgeizige Pläne für das Schloss Kewenig bei Körperich hatte, verfällt das Anwesen immer mehr. Doch es gibt offenbar Anlass zur Hoffnung: Angeblich gibt es einen neuen Käufer für die ehemalige Wasserburg.

 Kein schöner Anblick: Das Schloss Kewenig verfällt zusehends. TV-Foto: Nina Ebner

Kein schöner Anblick: Das Schloss Kewenig verfällt zusehends. TV-Foto: Nina Ebner

Körperich. Die kleine blau-weiße Plakette direkt neben dem Eingangstor ist leicht zu übersehen angesichts des Gestrüpps, das um sie herum wuchert. Dabei hat das Schild mit der nach unten zeigenden Spitze eine wichtige Aufgabe: Es kennzeichnet ein Kulturgut und soll feindliche Angreifer davon abhalten, das schützenswerte Gebäude zu beschädigen.

"Ein schönes Kulturgut, das wir hier haben", schnaubt Karin Bretz und schaut auf Schloss Kewenig, das zwar sicherlich in den vergangenen Jahren keine feindlichen Angriffe erlebt hat, aber dennoch arg in Mitleidenschaft gezogen wurde: Schwarze Feuchtigkeitsflecken zeichnen sich an der imposanten Außenfassade ab, zahlreiche Fenster sind mit Holzpaneelen verbrettert, Unkraut wuchert im einst so gepflegten Garten. Die Dächer der ehemals landwirtschaftlich genutzten Nebengebäude sind abgedeckt, Gras wächst im Innern, die Holzstreben verrotten vor sich hin.

"Ich bekomme regelrecht das Grauen, wenn ich das hier sehe", sagt Bretz. Sie kennt die ehemalige Wasserburg in der Nähe der Ortsgemeinde Körperich (siehe Extra) noch aus anderen, aus besseren Zeiten. 22 Jahre lang arbeitete sie als Verwalterin auf Schloss Kewenig, als dieses noch im Eigentum eines Duisburger Industriellen stand, der das Anwesen Ende der 60er Jahre kaufte, modernisierte und bis zu seinem Tode als privates Feriendomizil nutzte. "Damals waren das Schloss und die Nebengebäude noch in einem sehr guten Zustand, heute ist das nur noch eine Ruine", empört sich Bretz.

Dabei hatte der Eigentümer, der das Anwesen Ende 2004 kaufte, ehrgeizige Pläne: Zu einer Popakademie mit Hotel wollte Bertram Pohl das Schloss umbauen. Er stammt aus der Wella-Dynastie, einem weltweit agierenden Unternehmen für Haarpflegeprodukte. Junge Musiker, die von Pohls in Luxemburg gegründeten Stiftung für Rock- und Popmusik unterstützt werden, sollten in der Eifel ausgebildet werden. Zumindest war das wohl mal der Plan, entnimmt man der Internetseite der Stiftung. Das Vorhaben war mit der Denkmalschutzbehörde des Eifelkreises abgestimmt. "Die hatten einen sehr ambitionierten Plan", sagt Denkmalpfleger Michael Berens, "sie wollten aus Schloss Kewenig ein Märchenschloss machen." Keinesfalls habe der Eigentümer das Schloss herabwirtschaften wollen.

Nichtsdestotrotz ist der Stiftung offenbar irgendwann im Laufe der vergangenen Jahre finanziell die Luft ausgegangen. Die anfangs rund um die Uhr eingesetzten Objektschützer, die das Anwesen bewachten, wurden abgezogen, die Umbauarbeiten eingestellt, das Unkraut wuchs immer weiter. "Die Pläne waren angesichts der Finanzkrise so nicht mehr umzusetzen" , erklärt Marc Hayard, Geschäftsführer der Stiftung, auf TV-Anfrage, warum die Idee der Popakademie und des Hotels nicht realisiert wurde. Man habe nicht genügend Unterstützung aus der Region bekommen, kritisiert Hayard, zudem habe eine Marktanalyse gezeigt, dass ein Hotel in dieser Gegend nicht rentabel sei. Dennoch wehrt er sich gegen Vorwürfe, man habe das Schloss verfallen lassen: "Die Stiftung hat in den vergangenen Jahren einen hohen sechsstelligen Betrag, unter anderem in die Statik des Gebäudes, investiert."

Weiter vor sich hin wittern soll das Schloss jedoch nicht: In der kommenden Woche wird das Anwesen laut Hayard seinen Eigentümer wechseln: "Es ist jemand aus der Region, aus Deutschland." Mehr verrät er nicht. Was der Käufer mit dem Schloss vorhabe, wisse er nicht. Denkmalpfleger Berens ist dennoch guter Dinge: "Wer auch immer das Schloss kauft, er wird damit etwas vorhaben." Irgendetwas, damit das Schloss aus seinem Dornröschenschlaf erwacht - oder, wie es der Körpericher Ortsbürgermeister Winfried Horn formuliert: "Ich würde mir wünschen, dass wir die Anlage noch mal in der Blüte sehen, in der sie mal stand!"

Meinung

Anlass zur Hoffnung

Na also, möchte man sagen: Es geht doch! Offenbar gibt es tatsächlich noch Menschen, die Schlösser kaufen wollen und sie sich sogar leisten können. Letzteres ist zumindest zu wünschen - denn es wäre ein Jammer um das Schloss Kewenig, sollte es weiter in dem derzeitigen tristen Zustand vor sich hindümpeln. Die Tatsache, dass der Investor aus der Region kommt, gibt immerhin Anlass zur Hoffnung, dass er um die Bedeutung des Anwesens für seine Umgebung weiß und realistische Vorstellungen für die Zukunft der Anlage - jenseits von Popakademien - hat! n.ebner@volksfreund.deExtra Das Schloss Kewenig zählt zu den ältesten Gutshäusern im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Die Wurzeln der Anlage reichen bis ins Spätmittelalter zurück: Das Schloss wurde laut der Internetseite der Verbandsgemeinde Neuerburg 793 durch Gerswindis dem Kloster Lorsch geschenkt und 1231 urkundlich als Villa de Chewenigen erwähnt. Der Kern ist eine Wasserburg von quadratischem Grundriss mit Ecktürmen und Rundbogenfries aus dem 16. Jahrhundert. Anfang der 70er Jahre wurde das Schloss instand gesetzt. (neb)

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