Justiz Prozess zu Ende, bevor er richtig gestartet ist

Bitburg · Ein 31-Jähriger muss sich vor Gericht wegen Kindesmisshandlung verantworten. Ob die Hämatome und Brüche Folgen einer Krankheit oder von Misshandlungen sind, müssen Gutachter klären.

Justiz: Prozess zu Ende, bevor er richtig gestartet ist
Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Obwohl keiner der geladenen Zeugen befragt wird, zieht sich der Prozessauftakt über Stunden hin. Grund dafür sind lange und ausführliche Besprechungen von Richter, Schöffen, Staatsanwalt, dem Verteidiger des Angeklagten und der Verteidigerin der Nebenklage hinter verschlossenen Türen.

Aber von Anfang an. Der Prozess beginnt mit der Verlesung der Anklageschrift. Darin wird einem 31-jährigen Mann aus dem Eifelkreis vorgeworfen, im April 2018 seine damals 15 Monate alte Tochter geschlagen und gegen Gegenstände gestoßen haben. Das Kind hatte laut Staatsanwalt mehrere Knochenbrüche und Hämatome erlitten. Wie es weiter heißt, war der Mann mit seiner Tochter erstmals einige Tage alleine, weil die Mutter verreist war. Das Kind habe zu diesem Zeitpunkt viel geschrien. Das Mädchen ist seit diesem Vorfall in einer Pflegefamilie untergebracht.

Warum und was hinter verschlossenen Türen beraten wurde, erklärt Richter Udo May im Gespräch mit dem TV, nachdem er die Verhandlung geschlossen und auf einen noch unbekannten Zeitpunkt in einigen Monaten verschoben hat.

Diskutiert wurde nach seinen Aussagen darüber, ob weitere medizinische Gutachter zu dem Prozess hinzugezogen werden sollten. Denn sowohl bei dem angeklagten Vater als auch bei der Tochter liege eine Disposition zur Glasknochenkrankheit vor. Und wenn dies bei dem Kind ausgeprägt sei, könnten die Knochen schon bei geringer Einwirkung brechen. Ob das so ist oder nicht, habe aber keine der bisherigen Untersuchtungen eindeutig belegen können. Zudem seien die Kochenbrüche, um die es im Prozess geht, nicht die ersten gewesen, die das Baby in den ersten Wochen seines Lebens erlitten habe. Deshalb müsse auch geklärt werden, ob weitere Verletzungen in der Obhut der Pflegeeltern aufgetreten seien.

Wie Richter May sagt, geht es bei all diesen Fragen nicht nur um das Strafmaß für den Angeklagten, sondern auch darum, wie es für das Kind weitergehe, wer für die Kosten der Behandlung aufkommen und vieles mehr. Auch darüber, ob „frische“ Verletzungen, von denen in den Gutachten die Rede ist, bis zu drei Tage alt sind oder auch eine Woche vorher passiert sein können, müsse Klarheit geschaffen werden. Deshalb könne man den Prozess erst fortsetzen, wenn die Gutachter zu diesen Fragen Stellung nehmen. Man habe den Prozess auch nicht vertagen können, was maximal bis drei Wochen möglich ist, sondern habe ihn auf unbestimmte Zeit verschieben müssen.

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