Freie Arztwahl in Gefahr? Ärzte warnen vor Gefahren für die medizinische Versorgung

Trier · Der Präsident der Landesärztekammer kritisiert, dass profitorientierte Investoren zunehmend Kliniken und Praxen übernehmen. Die Gesundheitsministerin sieht derzeit noch kein Problem.

Investoren übernehmen Kliniken: Ärzte warnen vor Gefahren für die medizinische Versorgung
Foto: dpa/Daniel Karmann

Der Präsident der Landesärztekammer, Günther Matheis, warnt davor, dass zunehmend Investmentgesellschaften Arztpraxen, Kliniken oder Pflegeheime übernehmen. Dadurch sei die medizinische Versorgung in Gefahr, da es den Investoren in erster Linie darum gehe, Gewinn zu machen.

Die Versorgung der Patienten und die Arbeitsbedingungen stünden bei diesen Beteiligungsgesellschaften, den sogenannten Private-Equity-Gesellschaften, nicht im Vordergrund, kritisiert der Trierer Mediziner. Es drohe eine Monopolisierung des Gesundheitswesens, da die Käufer von Praxen oder Kliniken oft mehrere Medizinische Versorgungszentren (MVZ) für unterschiedliche Behandlungsfelder gründeten. Dadurch sei die freie Arztwahl der Patienten in Gefahr. Der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering nannte solche Beteiligungsgesellschaften einst Heuschrecken.

Auch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung warnt vor „versorgungsfremden Investoren“, die keinen Bezug zur Zahnmedizin hätten, Kliniken aufkauften und dann mehrere Zahnarzt-MVZ eröffneten, und zwar überwiegend in Städten und nicht in ländlichen Regionen.

20 zahnärztliche MVZ gibt es im Land. Diese seien alle in Trägerschaft von Zahnärzten, teilte die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) auf eine AfD-Anfrage im Landtag mit. Der Landesregierung seien „nur sehr moderate Tendenzen bekannt“, dass Private-Equity-Gesellschaften in Rheinland-Pfalz Einrichtungen im Gesundheitswesen gründeten, sagte sie im Gesundheitsausschuss.

Matheis wirft den Kapitalgesellschaften vor, Einfluss auf ärztliche Therapieentscheidungen zu nehmen. Konkret kritisiert er das Unternehmen Median, das unter anderem das Reha-Zentrum Bernkastel-Kues betreibt. Das Unternehmen wehrt sich gegen die Vorwürfe. Die Gesellschafter nähmen keinen Einfluss auf die Therapie der Patienten. Auch handele die Einrichtung auf  dem Kueser Plateau nicht mehr oder weniger gewinnorientiert als andere Kliniken.

Es gebe keinen Beleg dafür, dass Private-Equity-Gesellschaften mehr Rendite anstrebten als private Eigentümer oder Aktiengesellschaften. Auch andere Kliniken müssten wirtschaftlich arbeiten, um etwa sorgsam mit Geldern der Krankenkassen umzugehen. Außerdem setzte die Ärzteschaft in einigen Regionen selbst auf solche Kapitalgesellschaften, heißt es bei Median.

In der Tat stammt ein Teil des Kapitals einiger ärztlicher Versorgungswerke, die für die Altersvorsorge niedergelassener Ärzte zuständig sind, von Private-Equity-Gesellschaften. So etwa bei der Bayrischen Ärzteversorgung, die unter anderem auch für Ärzte in der Pfalz und in Rheinhessen zuständig ist. Und die Ärzte- und Apothekerbank plant sogar eine eigene Beteiligungsgesellschaft für den Gesundheitssektor, um so „attraktive Renditen“ zu erzielen, teilte die Bank mit.

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