Kultur Auf dem Weg zum rechten Glauben

Trier · Hanns-Josef Ortheil hat in Trier den Peter-Wust-Preis erhalten. 

 Hanns-Josef Ortheil liest aus „Glaubensmomente“.

Hanns-Josef Ortheil liest aus „Glaubensmomente“.

Foto: TV/Eva-Maria Reuther

„Die Fülle des Glaubens, ihre künstlerische Gestaltung und subjektive Auslegung hat mich schon immer interessiert“. Hanns-Josef Ortheil ist fraglos ein Gläubiger, für den von existentieller Bedeutung ist, was als „Ästhetische Theologie“ bezeichnet wird. Für den 1951 in Köln geborenen Schriftsteller ist alles Verkündigung, was sich an Glaubensinhalten in Bildern, als Musik, in der sakralen Architektur sowie in der Gestaltung der Liturgie darstellt.

Das ist seit Kindertagen so, wie im Robert-Schuman-Haus in Trier zu erfahren ist. Dort liest der Autor aus seinem Sammelband „Glaubensmomente“, am Abend bevor ihm der Peter-Wust-Preis 2018 durch die Theologische Fakultät Trier und die Peter-Wust-Gesellschaft verliehen wird. Die eigene Glaubenserfahrung ist ein zentrales Thema im stark autobiografischen Werk des Autors. Die kleine 2016 erschienene Anthologie sammelt Texte aus Or­theils früheren Büchern zum Thema Glauben. Bei der Lesung daraus geht es um den sonntäglichen Gottesdienstbesuch im Kölner Dom mit den Eltern oder den Erlebnissen als Messdiener. Auch der vorgetragene Text aus der „Moselreise“ handelt vom Glauben und der Selbstvergewisserung als Gläubiger.

Ob man denn genau wisse, ob der Heilige Rock der echte Rock des Herren Jesus sei, fragt das Kind den Vater. Der aufgeklärte, dennoch gläubige Landvermesser erklärt dem Sohn, dass es bei dieser Reliquie einzig um Symbol und Erinnerung gehe. Spätestens da lässt sich die Brücke zum christlichen Existenzphilosophen Peter Wust schlagen, zu dessen Erinnerung der mit 5000 Euro dotierte Preis gestiftet wurde.

Einmal mehr wird in den augenzwinkernd geschriebenen und mit genauem Blick beobachteten Episoden deutlich, wie sehr die kindlichen Erlebnisse des Rheinländers mit den Westerwälder Wurzeln, schon früh so etwas wie christliches Urvertrauen bei ihm erzeugten und das eigene Glaubensverständnis prägten. Massive Glaubenskrisen habe er nie erlebt, sagt Ortheil später im Gespräch. Als „Biografie seiner Auseinandersetzung mit dem Glauben“ bezeichnet der Schriftsteller, der eine Professur für „kreatives Schreiben und Kulturjournalismus“ an der Universität Hildesheim innehat, seinen Sammelband. Dessen Texte mögen auch den Leser zur Selbstbefragung anregen. „Wir erfahren, wer wir selbst sind, wenn wir uns auf andere einlassen“, mahnt Herbert Hoffmann, der Präsident der Peter-Wust-Gesellschaft. Bei der Preisverleihung am nächsten Morgen in der Promotionsaula des Priesterseminars ist beim Festvortrag von Werner Schüßler viel von Zweifel die Rede und seiner konstruktiven Funktion. Der Zweifel sei der Antrieb des Geistes, zitiert der Theologieprofessor eine Wochenzeitschrift.

Tatsächlich war auch der Philosoph Peter Wust, der einmal Theologe hatte werden wollen, ein großer Zweifler im Sinne Descartes. „Alles ist zu bezweifeln“, fordert kategorisch der französische Gelehrte als Aufforderung zur gründlichen Hinterfragung und Reflexion. In seiner emotional bewegten Laudatio würdigt Erich Garhammer seinen langjährigen Freund Ortheil als einen „begnadeten Literaten mit genialer Beobachtungsgabe und Sprache“.

Der Würzburger Theologieprofessor ruft prägende Ereignisse in der Biografie des in Stuttgart und Köln lebenden Autors in Erinnerung. Die durch die Härte des Schicksals stumm gewordene Mutter, die Studienjahre in Städten wie Rom und Paris, die ursprünglich angestrebte Pianisten-Laufbahn, die Sprachverweigerung des kleines Kindes, seine bis heute ungebrochene Lust am Schreiben. Der Diskurs zwischen Theologie und Philosophie habe ihn schon immer interessiert, bestätigt Ortheil in seinem Dankeswort. Ebenso habe er schon immer den Wunsch gehabt, junge Leute das Schreiben zu lehren, bekennt der Schriftsteller. In den Genuss einer Schriftprobe kommen zugleich die jungen Musiker des Peter-Wust-Gymnasiums Wittlich, die, verstärkt von der Kreismusikschule dort, engagiert die Feier begleitet hatten. Als Dank des Autors erhält jeder von ihnen ein Exemplar der „Moselreise“.

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