Mensch ... Joachim Mertes

Trier · Sie gehören zu der Sorte Politiker, die gerne mal kräftig austeilt. Trotz Ihres würdevollen Amtes als rheinland-pfälzischer Landtagspräsident.

Und weil Sie das meistens auf eine ziemlich originelle Weise tun, gelten Sie zu Recht als bunter Paradiesvogel unter den - von den Damen in der ersten Reihe selbstverständlich abgesehen - grauen Landespolitikern.

Jetzt haben Sie allerdings rotgesehen und die EU-Wettbewerbshüter als "Kapitalistenknechte" beschimpft. Nur weil die Damen und Herren in Brüssel es gewagt haben, ein Fass ohne Boden namens Flughafen Zweibrücken zu stopfen. Mal im Ernst: Das war doch ein Witz, oder? Eigentlich müssten Sie sich doch von Herzen bedanken, dass die Kommission Ihrem Parlament erspart, weiter Steuergelder mit vollen Händen rauszuschmeißen. Für einen "Flughafen" (schon der Name ist eine schamlose Übertreibung), wo der Direktor an einem Durchschnittstag seine Fluggäste persönlich mit der Rikscha vom Abfertigungsgebäude zum Flieger chauffieren könnte.

Scharf gerechnet, haben Sie wahrscheinlich jeden Passagier in Zweibrücken höher subventioniert als jeden Besucher Ihres Mainzer Staatstheaters. Vielleicht zwecks Förderung der Flugkultur. - Was? Es ging um Arbeitsplätze? Mit dem, was das Land hier reingebuttert hat, hätte man über Jahrzehnte die gesamte Mitarbeiterschaft bezahlen können, ohne dass irgendjemand hätte arbeiten müssen. Wissen Sie, der Nürburgring war ja schon ein ziemliches Debakel. Doch da mag es immerhin anfangs mal die irrige Hoffnung gegeben haben, mit viel öffentlichen Subventionen irgendwann eine funktionsfähige Infrastruktur zu schaffen. Aber zu glauben, man könne 30 Kilometer von einem chronisch defizitären Flughafen in einer strukturschwachen Region entfernt einen weiteren Flughafen in einer noch strukturschwacheren Region eröffnen und daraus entstünde ein lebensfähiges Unternehmen: Das ist so absurd, dass keiner so naiv gewesen sein kann.

Lieber Herr Mertes, Sie sind ja fantasiebegabt, zumindest sprachlich. Stellen Sie sich einen Moment vor, Saarbrücken läge nicht im Saarland, sondern in Rheinland-Pfalz. Und dann wäre jemand auf die Idee gekommen, in Zweibrücken einen Konkurrenz-Flughafen zu eröffnen.

Das Gelächter aus Mainz hätte die Pfalz zum Beben gebracht. Also, unter Freunden: Die Rollbahn in Zweibrücken ist für die von Ihnen zitierte "Daseinsvorsorge" so bedeutsam wie ein drittes Nasenloch oder eine Beautyfarm im Landtag. Und die EU-Bürokraten mögen ja manchmal Kapitalistenknechte sein.

In diesem Fall waren sie Bannerträger der Vernunft. DiL

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