Mensch... Frankela Steinmerkel!

Den ganzen Sonntagabend bin ich das komische Gefühl nicht losgeworden, dass ich die gleiche Aufführung wie bei Ihrem "Duell" schon mal irgendwo gesehen habe. Beim Einschlafen - nein, das war noch nicht während Ihres Auftritts, sondern erst bei dem vierkanaligen Gesülz hinterher - ist es mir dann ganz plötzlich eingefallen: Das war 1982 bei der Fußball-WM in Spanien, wo Deutschland gegen Österreich spielte.

Beide Teams schoben den Ball in den eigenen Reihen hin und her, taten ab und zu so, als würden sie angreifen, achteten dabei aber peinlich darauf, dass der Gegner nie ernsthaft in Gefahr geriet. Am Ende kamen beide schadlos davon und erreichten ihr Wunsch-Ergebnis, das ihnen ein glanzloses Weiterkommen sicherte.

Das war ein strategisch höchst zweckmäßiges Vorgehen, wobei aber beide Seiten die Rechnung ohne den Wirt gemacht hatten: Das Publikum pfiff die einen wie die anderen aus, und der müde Kick ging als "Schande von Gijon" in die Geschichte ein.

Nun wird Ihr lahmes Duell vom Adlershof der Nachwelt sicher nicht als "Schande" in Erinnerung bleiben, wohl aber als eine Art Vorabend-Soap. Da spielt ein altes Ehepaar einen Scheidungs-Prozess, wohlwissend, dass man höchstwahrscheinlich abends sowieso wieder im Ehebett landet. Der Bräutigam hat jegliche Beziehung zu potenziellen Partnern, mit denen es ernsthaft für eine Hochzeit reichen könnte, ausgeschlossen. Und die Braut tritt den neureichen Freier, der sie nehmen würde, verbal ständig gegen das Schienbein.

Das Problem ist nur, dass die Zuschauer immer weniger Lust verspüren, die Staffage für von Beratern vorgekaute Rollenspiele abzugeben, bei denen keiner der Befragten es für nötig hält, auf die gestellte Frage zu antworten, und keiner der Proporz-Befrager sich ernsthaft Mühe macht, auf einer Antwort zu bestehen. Schon gar nicht auf die Schlüsselfrage, wer das alles bezahlen soll, was Sie - und damit wir alle - dieser Tage so fröhlich bestellen.

Gerade mal 14 Millionen wollten die Show sehen - da hatte "Wetten dass" in guten Tagen schon deutlich mehr. Und Gottschalk wurde nie mit einer Vor- und Nachbereitung wie ein Fußballspiel oder ein Boxkampf aufgepäppelt. Die "Simpsons" bei Pro 7 hatten am Sonntag immerhin auch fünf Millionen, und wären sie ebenfalls mit ARD-, ZDF-, RTL- und SAT 1-Zwangsbeglückung gelaufen, hätten Marge und Homer Angie und Frankie um Welten geschlagen.

"Yes we gähn", titelte die "Bild"-Zeitung - bei so vielen dicken Balken-Überschriften muss ja auch mal eine gelungene dabei sein. Okay, ich geb' zu: Es ist nicht leicht, wenn siamesische Zwillinge gegeneinander kämpfen sollen. Aber bei Frankela Steinmerkel hat man das Gefühl: Da ist einfach zusammengewachsen, was zusammengehört.

Dieter Lintz

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