Rüpel mit Altersverschleiß

Trier · Schimanski ist Rentner. Das klingt so, als schaue man Dirty Harry beim Rosenschneiden über die Schulter.

Dem charismatischen Ruhrpott-Ermittler stehen Bingo-Abende und das wöchentliche Kleingärtnertreffen nicht zu Gesicht. Horst Schimanski bleibt ein rastloser Stadtwolf im rauen Duisburger Milieu. Seit vergangenem Sonntag wühlt er sich wieder durch die dunklen Duisburger Ecken, aber als Ruheständler - zu sehen in der ARD. Funktioniert das, einen alten Haudegen in Miss-Marple-Manier wieder in den Ring zu schicken?

2008 verabschiedete Götz George sein Alter Ego in den Ruhestand. Müde und ausgebrannt wirkte Schimanski da - hatte die Schnauze voll. Nun das Comeback. Nein, leiser und handzahmer ist der Rüpel nicht geworden. Ihm sitzt die Faust immer noch locker im grauen Parker und das Mundwerk lose in der ergrauten Visage. Das Alter nagt dennoch an dem Rowdy. Im neusten Fall "Schuld und Sühne" sahen wir einen nachdenklichen Schimanski, ein Fossil, dem buchstäblich bei der Hatz auf die bösen Buben die Puste ausgeht, der verprügelt und blutverschmiert alt und müde wirkt - aber nicht aufgeben kann.

Wie geht es weiter? Ein nur mit dem Verstand agierender Schnüffler ist er nie gewesen. Schimanski wird auch im Alter kein Columbo mehr. Im Gegenteil: Er wird weiter rackern, raufen und sich aufreiben. Das kostet Kraft. Schimanski ist Kult! Doch die Vita der Figur braucht eine schlüssige Fortsetzung. Einen Stützstrumpf gestützten und mit Rheumasalbe panierten Schimanski, das wollen sich die Zuschauer wohl kaum vorstellen. Horst ist kein Matlock. Der gealterte Ruhrpott-Rambo braucht sensibel geschriebene Drehbücher, die die Figur Horst Schimanski weiterentwickeln und altern lassen, ohne dass es peinlich wirkt. Und wie wir Schimi kennen, geht er nur mit wehenden Fahnen - oder ganz, ganz leise. David Zapp

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