Natur Das stille Leiden der Bäume erfordert neue Strategien

Bernkastel-Kues · Der Klimawandel macht den Wäldern zu schaffen – auch dem Stadtwald Bernkastel-Kues.

Klimawandel macht Wäldern zu schaffen – auch Stadtwald Bernkastel-Kues
Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Von Jahr zu Jahr werden die Sommer trockener, und das hat fatale Folgen für die heimischen Wälder. Borkenkäfer und Rehwild machen dem Wald das Leben schwer, immer mehr Bäume sterben ab. Neben den Flachwurzlern wie der Fichte sind nun auch die Rotbuchen betroffen, die einen wesentlichen Teil der Waldfläche ausmachen.

„In den vergangenen drei Sommermonaten gab es deutlich zu wenig Niederschlag und das bei deutlich gestiegenen Durchschnittstemperaturen“, erklärt Martin Hermanns, Revierleiter des Forstreviers Bernkastel-Noviand. Dies führe zu einem verschlechterten Vitalitätszustand. Durch Borkenkäfer seien seit 2018 schon 23 000 Fichten im Stadtwald Bernkastel-Kues abgestorben. Aufgrund der Trockenheit könnten Bäume kein Harz produzieren und seien somit den Käfern ausgeliefert, erklärt der Förster. „Wenn sich nur um einen befallenen Baum im Frühjahr nicht gekümmert wird, kann das zu 8000 abgestorbenen Fichten im Herbst führen“, sagt Hermanns. Doch nicht nur die Fichten sterben ab, sondern auch Rotbuchen, die 34 Prozent der Stadtwaldfläche ausmachen.

Was bedeutet das für die zukünftige Entwicklung des Stadtwaldes? An der Mosel würden vermutlich flächendeckend Flachwurzler absterben. Das habe auch zur Folge, dass die Verkehrssicherungskosten an Straßen und Waldwegen steigen und weniger Holz eingenommen werden könne. „Unser wichtigstes Ziel ist also die Walderhaltung“, meint der Förster. Der Wald sei aus vielerlei Gründen wichtig für den Menschen. „Er bringt lebenswichtigen Sauerstoff, er reinigt und speichert unser aller Trinkwasser, schützt vor Hochwasser und speichert CO2.“

Daher habe man eine Strategie zur Rettung des Waldes ausgearbeitet. Unter dem Motto „Wer gut streut, der rutscht nicht“ erklärt Hermanns, warum ein artenreicher Mischwald wichtig ist. „Wenn eine Baumart ausfällt, hat man die anderen Arten quasi als Versicherung.“ Eine weitere Herangehensweise sei, den Schutz der Altbäume auszunutzen und unter diesen neue Bäume anzupflanzen. Der Schatten der bereits vorhandenen und teils absterbenden Bäume verhindere, dass die jungen verbrennen. So erhalte man eine zweite Baumschicht. Man könne auch Anbauversuche auf kleineren Flächen mit fremdländischen und klimaresistenten Arten starten, wie zum Beispiel der türkischen Tanne oder der Flaumeiche. Aber man werde auch auf bereits bewährte und heimische Baumarten zurückgreifen.

Wichtig für einen erfolgreichen Waldumbau sei außerdem eine waldverträgliche Wilddichte. „Es müssten etwa 15 Rehe pro 100 Hektar im Jahr geschossen werden, damit sich der Wald von selbst verjüngt“, erklärt Hermanns. „Entweder man muss einen Zaun um die jungen Bäume bauen oder man muss stärker jagen.“ Die jungen Bäume seien für die Rehe wie eine Schachtel Pralinen, die nur darauf wartet, verspeist zu werden.

Doch wie lassen sich diese Maßnahmen finanzieren? Aus diesem Grund hat der Förster ein Konzept ausgearbeitet und sich unter anderem an Julia Klöckner, Bundesministerin für Landwirtschaft, gewandt. Die Idee: Waldbesitzende Gemeinden „mit den CO2-Zertifikatserlösen, den Mitteln aus dem Waldklimafond oder mit den Einnahmen einer gegebenenfalls zukünftigen CO2-Steuer“ bei dem Waldumbau zu zukunftssicheren, klimaresistenteren Mischwäldern dauerhaft finanziell zu unterstützen. So könne man die Handlungen der Gemeinde, wie zum Beispiel der Erhaltung der Erholungsinfrastruktur, honorieren. „Der Wald ist eine erhebliche Lebensgrundlage und wichtig für uns alle“, so Hermanns.

Durch das Verhalten eines jeden Menschen könne man dem Wald und der Umwelt schon helfen. Hermanns: „Statt nach Mallorca zu fliegen, kann man auch mal einen Wanderurlaub zuhause machen. Auch brauchen wir dringend junge Nachwuchskräfte als Forstwirte, die den Wald pflegen.“

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