Sicherheit Grünen bitten zum Polizeidialog, und viele Praktiker kommen

Mainz · Sprecherin Pia Schellhammer plädiert  für Fakten statt Gefühlen in der Innenpolitik.

 Polizeieinsatz in Rheinland-Pfalz: Beamte sperren vorige Woche in  Montabaur nach einem Alarm die Zugänge zum ICE-Bahnhof ab.

Polizeieinsatz in Rheinland-Pfalz: Beamte sperren vorige Woche in  Montabaur nach einem Alarm die Zugänge zum ICE-Bahnhof ab.

Foto: dpa/Thomas Frey

Wie viel Straftaten gibt es in Rheinland-Pfalz? Nun, die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) deutet daraufhin, dass es immer weniger werden. Doch das Instrument erfasst nur kriminelle Handlungen, die auch zur Anzeige gebracht werden. Zu wenig, findet Pia Schellhammer. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen lud deshalb Experten zum Polizeidialog „Polizeiliche Kriminalstatistik – Ist das alles?“ Ihre Überzeugung: „Wir haben in allen Politikfeldern umfangreiche Daten, nur in der Kriminalität leisten wir uns den Luxus, keine umfassenden Daten zu haben.“

Schellhammer fordert deshalb einen Periodischen Sicherheitsbericht, der die PKS ergänzen soll. Auf Bundesebene gab es den unter Rot-Grün. „Er wurde dann aber nie periodisch, sondern nach dem zweiten Mal eingestellt“, klagt die Rheinhessin. Am Dialog im Mainzer Abgeordnetenhaus zeigten viele Praktiker aus dem Polizeidienst Interesse. 30 Personen drängten in den engen Saal, darunter Beamte aus dem Wechselschichtdienst und dem höheren Dienst, Vertreter von Landes- sowie Bundeskriminalamt und Polizeigewerkschaften. Sie alle wollen, dass das Land sicherer wird. Dazu brauche es zunächst Dunkelfeldstudien, erklärt Schellhammer. Es sei beispielsweise klar, dass nahezu jeder einen Einbruch in seiner Wohnung meldet – allein wegen der Versicherung. Bei anderen Delikten – nicht zuletzt häuslicher Gewalt – dürften die blinden Flecken der PKS deutlich größer sein.

Auf eine bundesweite Lösung möchte Schellhammer nicht warten. Zwar findet sich der Sicherheitsbericht im Koalitionsvertrag der Groko, es passiere aber nichts. Einzelne Länder installierten deshalb eigenständige Instrumente, beispielsweise Bremen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Die grüne Bundestagsfraktion hat einen eigenen Entwurf eingebracht, der einen Vierjahresturnus vorschlägt, ergänzt durch regionalisierte Erkenntnisse auf Länderebene. Rückenwind kommt aus ungewohnter Richtung: AfD-Landeschef Uwe Junge „begrüßt den Berichtsantrag der Grünen“ ausdrücklich.

 Pia Schellhammer, innenpolitische Sprecherin Bündnis 90/Die Grünen in Rheinalnd-Pfalz.

Pia Schellhammer, innenpolitische Sprecherin Bündnis 90/Die Grünen in Rheinalnd-Pfalz.

Foto: picture alliance/dpa/Thomas Frey

Schellhammer indes fordert auch in weiteren Bereichen der Innenpolitik „aufgrund von Fakten, nicht Gefühlen“ zu entscheiden. Die gegenwärtige bundesweite Sicherheitsarchitektur nannte sie „nicht ausreichend“. Die Grünen und auch immer mehr Polizisten seien „wissenschaftsaffin“ und verlangen fundierte Antworten. So kritisierte Schellhammer unter großer Zustimmung der Anwesenden die dürftigen Erkenntnisse über die Wirkung von Strafen. „Wir wissen häufig zwar, dass Menschen rückfällig werden, wir haben aber eigentlich keine Ahnung warum. Auch hier gibt es viel Untersuchungsbedarf.“

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