Bildung Der Sohn des Teufels ist zu brav

Schweich · Erste Autorenlesung in Corona-Zeiten: Der Frankfurter Jochen Till bringt Schweicher Fünftklässlern die Abenteuer von Luzifer Junior näher – und freut sich über seine ersten Auftritte seit einem Jahr.

  Der Frankfurter Jugendbuchautor Jochen Till war zwei Tage lang am Stefan-Andres-Schulzentrum Schweich zu Gast und hat den Fünftklässlern aus seinem Buch „Luzifer Junior“ vorgelese  n.

Der Frankfurter Jugendbuchautor Jochen Till war zwei Tage lang am Stefan-Andres-Schulzentrum Schweich zu Gast und hat den Fünftklässlern aus seinem Buch „Luzifer Junior“ vorgelese n.

Foto: TV/Björn Pazen

Der Teufel hat ein Problem: Sein Sohn Luzie ist zu lieb und nett für die Hölle – dabei soll er doch irgendwann Luzifers Nachfolger werden. Und Luzifer steht von seinem Höllen-CEO mächtig unter Druck, auch weil die Digitalisierung nicht so läuft wie gewünscht. Luzies Strafen sind nicht hart genug, und die papierlose Hölle lässt auch noch auf sich warten. Zudem beschäftigt sich der Sohnemann lieber mit seinem Hausdämon Cornibus statt mit den höllischen Pflichten.

Mit seinen mittlerweile neun Bänden von Luzifer Junior ist der Frankfurter Kinder- und Jugendbuchautor Jochen Till seit vielen Jahren erfolgreich auf Lesereisen – oder besser, er war es, bis Corona kam. 169 Lesungen hatte der 54-Jährige frühere Schlagzeuger, Anglist und Ex-Mitarbeiter eines Comic-Ladens im Jahr 2019 absolviert, bis Mitte März 2020 waren es 61 – und seither hatte der 54-Jährige viel Zeit, neue Bücher zu schreiben. Denn Corona stand den Lesereisen im Weg.

Bis diese Woche. Zwei Tage lang waren Luzifer Junior und sein Erfinder zu Gast im Stefan-Andres-Schulzentrum in Schweich. Alle zuvor natürlich getesteten Fünftklässler der Schule kamen in Kleingruppen – mit jeweils 1,50 Meter Abstand zwischen den Schülern im Bürgersaal in den Genuss der rund 90-minütigen Lesungen mit Jochen Till.

„Wir haben diese Tradition der Lesungen und Autorenbegegnungen seit vielen Jahren an unserer Schule, und wir wollten trotz Corona dieses Angebot fortsetzen, auch wenn dafür viel organisatorischer Aufwand nötig war“, sagte Asmita Dores, Lehrerin und Leiterin der Schulbibliothek am Stefan-Andres-Gymnasium.

Zwischen den einzelnen Gruppen desinfizierte sie die Tische, ging mit dem Zollstock durch die Stuhlreihen, um den korrekten Abstand wiederherzustellen. „Es hat sich gelohnt, die Kinder waren richtig gefesselt von den Lesungen, das kam sehr gut an, die Schüler waren sehr aufmerksam und haben viele Fragen gestellt“, lautete ihr Fazit. Auch dank der Unterstützung von Partnern wie dem Verein zur Leseförderung und Sponsoren konnte die Schule die Lesungen wieder anbieten.

Natürlich wird die Schulbibliothek mit den Werken von Jochen Till bestückt – denn das gehört zum Konzept der Schule dazu, dass die Schüler durch den Autorenbesuch zum Lesen animiert werden, von dessen, aber auch von anderen Büchern. Till erkundigte sich aber auch nach den Buchhandlungen in Schweich, denn der stationäre Buchhandel liegt ihm sehr am Herzen, nicht nur wegen seiner Vergangenheit als Comic-Verkäufer. Die Kinder erfuhren aber nicht nur viel über die Person Till – zum Beispiel, dass seine Frisur Tim aus seinem Lieblingscomic Tim und Struppi nachempfunden ist.

Till berichtete auch viel über seinen Alltag als Autor – im Jahr 2020 schrieb er acht Bücher: sein Tagesablauf ist wie der eines normalen Arbeitnehmers von 8 bis 12 Uhr und nach der Mittagspause weiter – aber eben nur Bücherschreiben. Drei Monate braucht er für ein Buch, seine Werke aus 2020 werden erst dieses Jahr oder sogar 2022 in den Handel kommen – und von einem Buch, das zehn Euro kostet, erhält der Autor 45 Cent.

„Ich kann nur deswegen von meinem Job alleine leben, weil ich viele Lesungen mache. So viel wie J.K. Rowling verdient kein anderer Autor – bei ihr ist es ja auch viel wegen der Filmrechte für Harry Potter“, desillusionierte Till die Fünftklässler, dass man als Autor doch nicht so schnell zum Millionär wird.

Aber Till vermittelte den Schülern auch, wie viel Spaß man auch nach 60 Büchern noch an Beruf und Berufung haben kann – speziell dann, wenn man auch wieder auf Leserreise ist.

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