Faustgroßes Eis zerschießt Dächer und Fassaden

Mit dem Schrecken sind Richard (76) und Ursula (71) Kruft beim verheerenden Hagelunwetter an der Mittelmosel davon gekommen. Der rüstige Veldenzer berichtet von jenem schwarzen Tag für das Moseldorf.

Der 76-Jährige ist eines von vielen Opfern des verheerenden Hagelsturms. "Ich habe schon viel in meinem Leben erlebt, aber so etwas noch nicht", sagt er und zeigt mit der Hand, wie groß die Hagelbrocken waren, die vom Himmel fielen. "Teilweise waren mehrere Hagelkörner zu einem großen Klumpen zusammengefroren", erinnert sich Kruft. Die Geschosse bohrten sich mit ungeheurer Wucht in den Rasen.
Faustgroße Eisklumpen zerschmetterten die Dachziegel, die Eternitplatten an der Außenfassade zerbarsten, Hagelgeschosse durchschlugen die Rollläden und Fensterscheiben zersplitterten. Seiner Frau Ursula (71) stoben Glassplitter entgegen, ein Hagelklumpen traf sie schmerzhaft am Arm. "Das war ein großer blauer Fleck", erzählt sie.
Danach setzte der Starkregen ein, der das Dachgeschoss des Kruft\'schen Hauses unter Wasser setzte. Die holzvertäfelten Decken weichten auf und lösten sich ab. Die Tapeten saugten sich voll mit Regenwasser. Polstermöbel wurden zu Schwämmen. Bis auf das eheliche Schlafzimmer, das glücklicherweise im Windschatten des Sturms lag, hat der Regen sämtliche Zimmer im Dachgeschoss aufgeweicht und unbewohnbar gemacht. "Hier plätscherte das Wasser vom Obergeschoss die Treppe runter bis in den Keller", erzählt der gebürtige Veldenzer. Ausmaß des Schadens: rund 60 000 Euro und ein gehöriger Schrecken.
Richard Kruft hat sich vom Schock schnell erholt. Seine Frau auch, die alle Zeitungsartikel über das Hagelunwetter in einer Mappe gesammelt hat, auch die, in denen ihr Mann zu sehen ist. Als vier Tage später sich Landrat Gregor Eibes mit ADD-Präsident Josef Peter Mertes im Schlepptau ein Bild vor Ort machen, ist der Rentner gerade dabei, in Arbeitskluft und Handschuhen den Schutt zusammenräumen, den der Sturm in seinen Garten gefegt hat. Das Dach seines Hauses ist wie alle Dächer im Ort notdürftig mit Plastikfolie abgedeckt. Die Sonne strahlt an diesem Morgen, als sei das Unwetter nur ein böser Traum gewesen. "Da sah ich plötzlich den Landrat vorbeikommen", erinnert sich Kruft, "da habe ich zu ihm gerufen, ob er Geld für den ganzen Schaden dabei hat", lacht der Veldenzer. In seinem Alter lässt man sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen, nicht zuletzt, weil er gut versichert ist. Es hätte schlimmer kommen können. "Das Wichtigste ist, dass niemand zu Schaden gekommen ist", sagt Kruft. Andere im Ort habe es schwerer getroffen, die mit Möbeln und Sack und Pack in Container hätten umziehen müssen, weil ihre Häuser unbewohnbar waren.
Ein großes Lob spricht er den Einsatzkräften vom Technischen Hilfswerk und der Freiwilligen Feuerwehr aus, die an besagtem Wochenende Tag und Nacht, bis zur Erschöpfung geackert hätten, die zerstörten Dächer wieder dichtzumachen. "Ich hatte viel mehr Angst um die Leute auf unserem Dach, als um unsere Möbel", sagt Ursula Kruft. Den unermüdlichen Helfern auf ihrem Hausdach hat sie Brote geschmiert und Kaffee gebracht.
Mittlerweile ist ein Teil des Schadens behoben. Die Zimmerdecken sind instand gesetzt, neue Tapeten an den Wänden. Nur das Dach ist immer noch ein Folienprovisorium. Bei jedem stärkeren Windstoß bangen die Krufts. Im Frühjahr soll dann das neue Dach gemacht werden. Auch das stehen die beiden noch durch - mit der Gelassenheit des Alters. David Zapp

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