Bildung Trier ist seit zehn Jahren Vorbild im Kampf gegen Analphabetismus

Trier · Trier ist bundesweite Modellstadt im Kampf gegen Analphabetismus: Das aktuelle Projekt „Knotenpunkte“ setzt bei Familien an und schult Multiplikatoren. Die Erfolge der ersten zehn Jahre sind beachtlich.

 Das Knotenpunkt-Team in Trier.

Das Knotenpunkt-Team in Trier.

Foto: Stadt Trier

Als vor zehn Jahren das „Trierer Bündnis für Grundbildung“ gegründet wurde, konnte niemand ahnen, dass Trier eine Dekade später bundesweite Bedeutung mit Modell- und Vorzeigeprojekten im Kampf gegen Analphabetismus sein würde. In den ersten Jahren war es das aus Bundesfördermitteln finanzierte Projekt der „Arbeitsplatz-orientierten Grundbildung“ (APAG). Durch die Sensibilisierung von Kollegen, aber auch von Ausbildern wurden nicht nur viele funktionelle Analphabeten angesprochen, sondern das Tabuthema wurde auch in die Öffentlichkeit gebracht. Sieben Jahre lang gab es APAG in Trier, es entstand unter anderem die Selbsthilfegruppe „Wortsalat“.

Als APAG 2018 auslief, startete in Trier gleich das nächste Projekt, das aus Bundesmitteln finanziert wird: „Knotenpunkte der Grundbildung“. Dieses Mal ist der Ansatz ein anderer, denn er zielt auf das familiäre Umfeld. Mit zahlreichen Unterstützern wie dem Palais e.V., Fidibus e.V., der Johanniter-Unfallhilfe oder der Kinderkrankenschwester Mechthild Höhl entwickelten die Projektmitarbeiterinnen zahlreiche familiengerechte Materialien und setzen diese gezielt in der Alphabetisierung ein. Aufgeteilt sind diese Maßnahmen in die Bereiche Family Literacy (Lese-Erziehung und Leseförderung von Eltern und Kindern), Gesundheit und Alltagsrechnen – alles mit einem hohen Praxisbezug für das Leben der Lernenden und ihrer Familien, die dann in verschiedenen Einrichtungen unterstützt werden.

„Egal, ob aus den Familien, den Kitas oder von den Pädagogen, die die Projekte begleiten, haben wir überaus positive Rückmeldungen erhalten“, sagt Projektleiterin Nina Krämer-Kupka. Zum Beispiel wurde eine Sprachlernkiste entwickelt, mit deren Hilfe Eltern mit ihren Kindern lesen lernen. „Das fördert Eltern und Kinder gleichermaßen“, sagt Projektmitarbeiterin Susanne Barth.

Ein zweiter Bestandteil ist das Thema Gesundheit, wo Eltern auf Arbeitskarten zum Beispiel Tipps für die Gesundheitsförderung, aber auch für Erste Hilfe bei Kindern erhalten, und sich so nicht nur Sprach- und Lesekompetenz, sondern auch Wissen erarbeiten. Gleiches gilt auch für die Impulskarten zum Thema Alltagsrechnen. In denen geht es um die Themen Wohnen und Orientierung in der eigenen Stadt (Arbeit mit Stadtplänen) und anderen täglich wichtigen Rechenaufgaben, die zudem Lese- und Sprechanreize schaffen.

Zudem schulten die Trierer Projektmitarbeiterinnen viele Multiplikatoren, vor allem Mitarbeiter in Kinder-, Jugend- und Mehrgenerationen-Einrichtungen. „So kamen immer mehr Experten aus anderen Städten nach Trier, um sich das Erfolgsmodell anzuschauen“, sagt Krämer-Kupka.

Corona-bedingt gingen seit März 2020 natürlich die Zahlen der direkt betreuten Lernenden zurück, weil viele Bildungsträger schließen mussten oder wegen Kontaktbeschränkungen keine Kurse anbieten konnten. Die „Knotenpunkte“-Expertinnen machten aus der Not eine Tugend und stellten sich viel breiter auf, was ihre Kooperationspartner betrifft. „Wir haben unsere Materialsammlung ausgeweitet, und haben bundesweit Einrichtungen gefunden, die unsere Materialien in der Praxis testeten und einsetzen, zum Beispiel in Hildesheim, Karls­ruhe oder Frankfurt-Griesheim“, sagt Susanne Barth.

Vier eigene Veranstaltungen haben die Trierer angeboten, für 13 weitere in ganz Deutschland Referentinnen gestellt. Und eigentlich war zum zehnten Jubiläum des „Trierer Bündnisses für Grundbildung“ eine große Fachveranstaltung in Trier geplant gewesen. Die findet wegen der Pandemie am 28. Juli nur online statt, den Experten aus ganz Deutschland wird dann auch die Trierer Beratungslandkarte vorgestellt, neben Impulsmaterialien und der Materialkiste.

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