Kultur Wenn Saunaboy unterm Flachdach probt - Neue Proberäume für die Musikszene in Trier

Trier · Für die mehr als 100 Bands in Trier gibt es zu wenige Proberäume. Zwei umgenutzte Bungalows im Gewerbegebiet Euren entschärfen die Situation etwas. Die Stadt und das Musiknetzwerk Trier suchen weiter.

  Gesprächstermin in den neuen Proberäumen im Gewerbegebiet Euren: (von links) Die Musiker Florian Stiefel und Jochen Philippi diskutieren mit Uwe Kollmann (Musiknetzwerk Trier), Kulturdezernent Thomas Schmitt und Michael Kernbach (Musiknetzwerk).     Foto: Björn Gutheil/Stadt Trier

Gesprächstermin in den neuen Proberäumen im Gewerbegebiet Euren: (von links) Die Musiker Florian Stiefel und Jochen Philippi diskutieren mit Uwe Kollmann (Musiknetzwerk Trier), Kulturdezernent Thomas Schmitt und Michael Kernbach (Musiknetzwerk). Foto: Björn Gutheil/Stadt Trier

Foto: Björn Gutheil/Stadt Trier/Björn Gutheil

Das Gras im Garten der versteckt liegenden Bungalows im Industriegebiet an der Gottbillstraße im Stadtteil Euren steht hoch. Die beiden Flachdachgebäude, angeblich sind es die ersten Fertighäuser Triers, versprühen wenig Charme. Doch die Musiker Florian Stiefel und Jochen Philippi, die mit den Bands „vandermeer“ und „Kramsky“ in der Region bereits einige Berühmtheit erlangt haben, stören sich daran nicht. Sie stehen im größten der insgesamt acht Proberäume des Gebäudes und freuen sich über das noch neue Domizil. „Das Coole ist, dass wir hier mit anderen Bands gemeinsam proben und uns auch austauschen können“, sagt Stiefel. Und auch Bandkollege Philippi schwärmt von den neuen Möglichkeiten, die sich dank des Vereins Musiknetzwerk Trier seit kurzem hier bieten.

Netzwerker Uwe Kollmann, Betriebsleiter der benachbarten Firma Peki, hatte mitbekommen, dass die beiden Anfang der 1960er gebauten Wohnbungalows abgerissen werden sollten. Auf seinen Vorschlag, die Gebäude stehen zu lassen und an Bands zu vermieten, ging der Eigentümer ein. Mit einem Renovierungszuschuss von 5000 Euro von der Stadt Trier wurden das erste Haus auf Vordermann gebracht. „Inzwischen proben neun Bands in den acht Räumen im Erdgeschoss und im Keller“, sagt Kollmann. Das zweite Haus mit ebenfalls 230 Quadratmetern Gesamtfläche soll im Sommer folgen.

Vorsitzender des Musiknetzwerks Trier ist Michael Kernbach, der Öffentlichkeit bekannt als Gründungsmitglied von „Guildo Horn und die orthopädischen Strümpfe“. Auch er ist stolz auf das, was schon jetzt in dem ersten der beiden Gebäude passiert: „Hier kann man ordentlich Krach machen, denn wir sind mitten im Gewerbegebiet. Unser Ziel ist es, bis zum Sommer 20 bis 22 Bands mit Proberäumen zu versorgen.“ Die würden dringend gebraucht, versichert er und verweist auf das geschlossene Jugendkulturzentrum Exhaus, den „rappelvollen“ Bunker in Trier-Nord, die weggefallenen Proberäume in dem abgerissenen Gebäude neben Luckys Luke in Trier-West und die ungeklärte Situation in der Güterstraße. Dort proben 20 Bands in einem Gebäudekomplex, der in den kommenden Jahren dem Neubau von Sozialwohnungen weichen muss.

Wann das genau passiert, weiß keiner der Musiker. Doch zumindest vor 2021 wird das nicht sein. Das bestätigt der Konzer Bauunternehmer Emrah Bayindir, dessen Firma EB-Bau das Gebäude von drei Jahren gekauft hat, auf Nachfrage des Trierischen Volksfreunds. „Dieses Jahr wird dort definitiv nichts passieren, und auch im Jahr 2020 nicht.“

 In der Güterstraße (Gebäude vorne) proben derzeit etwa 20 Bands. Die Proberäume fallen vermutlich ab dem Jahr 2021 wegen eines Bauprojektes weg.

In der Güterstraße (Gebäude vorne) proben derzeit etwa 20 Bands. Die Proberäume fallen vermutlich ab dem Jahr 2021 wegen eines Bauprojektes weg.

Foto: Rainer Neubert

So bleibt für das Musiknetzwerk, das gemeinsam mit dem städtischen Kulturamt auf der Suche nach zusätzlichen Räumlichkeiten   für die Trierer Szene ist, etwas mehr Zeit. „Bei städtischen Immobilien hatten wir bislang leider keinen Erfolg“, bedauert Roman Schleimer, Leiter des Kulturamts. Kulturdezernent Thomas Schmitt, der sich am Dienstagabend von Uwe Kollmann und Michael Kernbach die neuen Räume an der Gottbillstraße zeigen ließ, ist froh über die Initiative des Vereins: „Es ist ein Segen, dass hinter diesem Angebot eine private Organisation steht. Gerne gibt die Stadt auch für das zweite Haus einen Zuschuss. Und wir würden das auch für ein drittes Haus tun.“

Die Miete für die neuen Proberäume orientieren sich an der Größe der Räume. So zahlt der „Saunaboy“, so der Spitzname für den Musiker, der den ehemaligen Saunaraum nutzt, weniger als „vandermeer“, die im Wohnzimmer residieren. „Insgesamt kommen wir auf 836 Euro“, sagt Kernbach. Das Musiknetzwerk lege noch ein paar Euro für die komplette Miete drauf. „Schließlich wollen wir keinen Gewinn machen, sondern die Szene unterstützen.“ Bewerber für das zweite Haus gebe es schon reichlich. Für Michael Kernbach ist das keine Überraschung: Musik zu machen sei mehr, als nur zu üben. „Kreativität braucht Begegnung. Wichtig ist ein Platz, an dem sich alle unterhalten und gegenseitig inspirieren können.“

 Blick in den Durchgangsraum eines der Bungalows.

Blick in den Durchgangsraum eines der Bungalows.

Foto: Rainer Neubert
 Von außen wenig einladend: Der Eingang eines der beiden Bungalows an der Gottbillstraße. Hier proben bereits neun Bands regelmäßig.

Von außen wenig einladend: Der Eingang eines der beiden Bungalows an der Gottbillstraße. Hier proben bereits neun Bands regelmäßig.

Foto: Rainer Neubert

Ansprechpartner für die neuen Proberäume und weitere Angebote ist das www.musiknetzwerk-trier.de

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