"Polizei hinkt Kriminellen hinterher"

Trier · Nach Ansicht von Kripo-Beamten sind Internetkriminelle den Behörden oft voraus. Die Beamten fordern mehr und jüngere Kollegen. Das Innenministerium teilt die Einschätzung nicht.

Trier. Viele Internetnutzer sind schon einmal Opfer im Netz geworden: von Ganoven, die sie in virtuellen Auktionshäusern übers Ohr gehauen, Nutzerkonten geknackt oder sie erpresst haben. Der Polizei fehlen oft die Mittel, um schnell und effektiv zu reagieren. Dieser Meinung ist jedenfalls der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK).
Kritik an Beförderungspraxis


Dessen Landesverband traf sich jüngst in Trier, um über die Verbrechensbekämpfung im Internet zu diskutieren. Die Gewerkschaft fordert mehr qualifiziertes Personal und die Einrichtung einer sogenannten Web-Patrol - einer Internetpolizei.
"Die Straftäter haben teils viel Fachwissen. Die Polizei hinkt oft einen, manchmal auch zwei oder drei Schritte hinterher", sagt Christian Soulier, stellvertretender Landesvorsitzender des BDK.
"Wir haben die technischen Mittel, um Internetkriminalität zu bekämpfen, aber nicht genug Personal, das mit der Technik umgehen kann", sagt Engelbert Werner, IT-Beauftragter der Gewerkschaft. Die Ermittlungen im Internet seien teilweise so komplex, dass ältere Mitarbeiter kaum nachgeschult werden könnten. "Jüngere Kollegen, die mit dem Internet aufgewachsen sind, werden nach der Ausbildung erstmal bei der Bereitschaftspolizei eingesetzt. Sie sollten statt dessen sofort zur Kriminalpolizei kommen." Auch die Beförderungspraxis sei ein Problem. "Kollegen, die mit - oftmals privaten - Fortbildungen zu Experten geworden sind, wollen befördert werden", sagt Werner. Da es nur eine begrenzte Zahl höherer Positionen bei der Kripo gebe, wechselten Kollegen in andere Dienstzweige und gingen so der Kripo verloren.
Eine weitere Forderung der Gewerkschaft: Das Land soll eine Internetpolizei einrichten. "Bei einem Überfall kann man die 110 wählen. Dann kommen Beamte, schützen die Leute oder sichern Spuren. Im Internet gibt es so etwas nicht", sagt Werner. Es müsse eine rund um die Uhr besetzte Bereitschaft geben, an die sich Opfer von Internetkriminalität sofort wenden könnten. Für den heimischen Computer schlägt er einen virtuellen Alarmknopf vor - ein Programm, das per Tastendruck einen Screenshot (Bild von der Monitoranzeige) macht und die Polizei alarmiert.
Das rheinland-pfälzische Innenministerium, zuständig für die Polizei, teilt die Meinung der Gewerkschaft nicht. Jüngere Beamte könnten in Ausnahmefällen bei hohem Bedarf auch heute schon früher zur Kripo wechseln. Zu den Beförderungsmöglichkeiten macht das Ministerium keine Angaben.
Eine spezielle Internetpolizei mit 24-Stunden-Erreichbarkeit sei nicht erforderlich.
Insgesamt gebe es drei Spezialstellen, die sich mit Internetkriminalität beschäftigten. Die bestehenden Bereitschaftsdienste seien für die Notfälle ausreichend.Extra

Beispiele für Internetkriminalität:Cyber Mobbing: Täter diffamieren ihre Opfer, indem sie etwa deren Porträts in pornografische Bilder montieren und sie im Internet verbreiten. Davon waren 20 Schülerinnen aus Konz betroffen, deren manipulierte Bilder auf einer Pornoseite landeten (der TV berichtete). Kreditkartenmissbrauch: Mit gestohlenen Kreditkartendaten, die auch über das Internet ausgespäht werden, kaufen Täter für große Summen ein. Der Schaden wird oft erst nach Wochen entdeckt. Ebay-Betrug: Im virtuellen Auktionshaus Ebay werden Waren nicht geliefert, die bereits per Vorkasse bezahlt wurden.Entführungen: Über Chats oder über andere Internetseiten stellen Kriminelle Kontakt zu Minderjährigen her, treffen sich mit ihnen und entführen sie - auch mit der Absicht, sie zu missbrauchen. Ende September wurde eine 17-jährige Triere rin Opfer einer solchen Entführung. Sie konnte fliehen (der Volksfreund berichtete). Kinderpornografie: Pädophile nutzen das Internet, um Pornos zu konsumieren, zu verbreiten und Kontakt zu Opfern herzustellen. In Daun und Morbach hat es zuletzt solche Fälle gegeben (der TV berichtete). thie

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