TV-Serie: Jedem ein Zuhause Diese Frauen aus Trier passen nicht ins Raster der Makler

Trier · Wer bereit ist, hohe Mieten zu zahlen und gründlich sucht, findet eine Wohnung – oder? Diese Geschichte zeigt, wie schwer Erwartungen und Vorurteile anderer die Suche machen können.

 Karin Herrmann (rechts) und Tochter Jasmin Herrmann haben im vergangenen Jahr schon mehr als 50 Wohnungen im Norden Deutschlands und in Trier besichtigt – und bislang keine Wohnung gefunden. Dabei wären die beiden bereit, ordentlich zu zahlen. Das Problem liegt woanders.

Karin Herrmann (rechts) und Tochter Jasmin Herrmann haben im vergangenen Jahr schon mehr als 50 Wohnungen im Norden Deutschlands und in Trier besichtigt – und bislang keine Wohnung gefunden. Dabei wären die beiden bereit, ordentlich zu zahlen. Das Problem liegt woanders.

Foto: Benedikt Laubert

Karin Herrmanns Problem bei der Wohnungssuche ist: Ihre Unterlagen landen auf dem falschen Stapel. Verdattert sitzt die Rentnerin mit ihrer ebenso verdatterten Tochter Jasmin Herrmann vor der Maklerin, die ihnen erklärt, warum sie sich seit Herbst 2017 vergeblich als Mieterinnen beworben hätten.

Sie, die Maklerin, werfe die Bewerbungen aller Interessenten auf drei Stapel. Auf dem ersten landen Familien mit zwei Gutverdienenden; sie dürfen Wohnungen zuerst besichtigen. Auf dem zweiten Stapel landen Familien mit einem Gutverdienenden oder mit zwei Mittelgutverdienenden; sie bilden die Reserve, falls die Bewerber von Stapel eins abspringen. Alle, deren Unterlagen auf Stapel drei landen, hätten sich gar nicht bewerben brauchen.

Die beiden Herrmanns landeten mit ihren Bewerbungen regelmäßig auf Stapel zwei oder drei, so die Diagnose der Maklerin. Und das, obwohl sie sich eigentlich nur für Wohnungen beworben haben, die sie auch bezahlen können. Das Problem liegt laut Maklerin woanders, wie sie wenig später erfahren.

Tochter Jasmin Herrmann beendet bald ihr Masterstudium in Trier und will im Verlagswesen arbeiten. Mutter Karin Herrmann ist nach dem Tod ihres Mannes mit ihrer Tochter nach Trier gezogen. Vor einem Jahr teilte ihnen der Vermieter mit, dass er die Wohnung bald selbst bewohnen möchte. Seitdem suchen die beiden in Oldenburg, Papenburg, Cuxhaven, Berlin, Potsdam und inzwischen auch wieder in Trier nach Zwei- und Dreizimmerwohnungen.

In Städten also, die ihnen gefallen, in denen sie sich berufliche Perspektiven für Jasmin Herrmann erhoffen, oder in Städten, die nicht ganz so teuer für Mieter sind. Für mehrere Hundert haben sie sich bereits beworben, sagen sie. Mehr als 50 haben sie seitdem besichtigt.

Die Maklerin treffen sie bei einer Tour durch Oldenburg im Sommer dieses Jahres. Zwei Wochen lang wohnen sie dort in einer Ferienwohnung, besichtigen jeden Tag bis zu vier Wohnungen – und ernten, wie in den anderen Städten auch, nur Absagen, wie sie erzählen.

Die Maklerin gehört zu den wenigen, die ihre Absage begründen: Mieter sollten ihrer Ansicht nach maximal ein Drittel ihres Einkommens für eine Wohnung auszugeben. Sonst bleibe zu wenig zum Leben übrig, und der Mieter könnte bald wieder ausziehen. Karin Herrmann wäre aber bereit, fast die Hälfte der mehr als 2000 Euro, die sie für sich und ihre Tochter monatlich zur Verfügung hat, für eine schöne Wohnung auszugeben.

Die Maklerin lehnt ihre Bewerbung mit der Begründung ab, sie solle doch nach günstigeren Wohnungen suchen – diese Preisklasse sei nichts für sie. Herrmann sagt dazu: „Wenn ich bereit bin, viel für eine Wohnung zu zahlen, sollten Makler und Vermieter das akzeptieren. Ich finde es unverschämt, wenn man von einem Fremden unterstellt bekommt, seine Finanzen nicht im Griff zu haben.“ Die ehemalige Buchhalterin und ihre Tochter suchen weiterhin nach einer Zwei- bis Dreizimmerwohnung.

Immer wieder bekommt Karin Herrmann gesagt, Wohnungen im ersten Stock seien nichts für sie – sie sei immerhin 69 Jahre alt und könne wohl bald nicht mehr gut laufen. Ein Vermieter lehnt ihre Bewerbung ab, weil zwei Frauen seiner Meinung nach nicht alleine in einer Wohnung leben können. „Was, wenn mal ein Wasserhahn kaputt ist?“, fragt er.

Trotz der Enttäuschungen fangen sich die beiden seit einem Jahr immer wieder auf und planen ihre nächste Besichtigungstour. Dann recherchieren beide parallel nach Wohnungen in derselben Gegend und koordinieren die Besichtigungstermine. Wenn sie etwa zehn beisammenhaben, planen sie die Autofahrt und buchen eine Ferienwohnung für die Zeit. Jasmin Herrmann erstellt einen detaillierten Plan mit allen Fahrten, Ansprechpartnern und Terminen. Auch Arzttermine und Seminare an der Uni werden dafür abgesagt. Und dann geht’s los, in der Hoffnung, dass es dieses Mal klappt.

Jasmin Herrmann sagt: „Manche aus dem Bekanntenkreis verstehen nicht, warum wir nichts finden.“ Sie verwiesen dann auf die zahlreichen Wohnungsanzeigen auf den einschlägigen Portalen und in den Zeitungen. „Was sie dabei aber übersehen“, sagt Herrmann, „ist, dass nur ein Teil der Wohnungen infrage kommt, dass wir nur einen ganz kleinen Teil besichtigen können und dass wir bei Besichtigungen oft mit mehr als 20 anderen konkurrieren.“ Karin Herrmann sagt: „Die Suche nach einer Wohnung fühlt sich manchmal einfach nur aussichtslos an. Es gibt Phasen, in denen ich sehr schlecht schlafe, weil ich mir Sorgen mache.“

Inzwischen suchen die beiden auch nach Wohnungen in Trier – die Pläne, nach Berlin oder Oldenburg zu ziehen, können warten. Für eine Wohnung in einem Neubau auf dem Ex-Kasernengelände Castelnau in Trier-Feyen/Weismark haben sie sogar eine Zusage bekommen. Da zur Wohnung kein Keller gehört, den sie eigentlich bräuchten, haben sie nicht zugegriffen. Aber eine Zusage ist schon einmal eine Zusage. Und die macht Mut.

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