"Sehr gute Musik abgeliefert"

Herr Bungert, wir wissen ja von der Podiumsdiskussion Mitte Februar, Sie mögen Mozart nicht so besonders. Jetzt haben Sie die dritte CD mit Werken von Georg Schmitt eingespielt. Ist Schmitt denn wirklich der bessere Komponist?

Bungert: Eine spitzfindige Frage. Der Geniekult um Mozart erscheint mir völlig irreal. Nach meiner Ansicht wird die durchschnittliche Qualität von Mozarts Schaffen grotesk überschätzt. Georg Schmitt hat in einem bestimmten Teilgebiet sehr gute Kompositionen abgeliefert. In welchen Teilgebieten hat er sie abgeliefert?Bungert: Im Bereich des Charakterstücks für Klavier, auch in der liturgischen Gebrauchsmusik für Orgel hat er eine eigene Note entwickelt, mit Witz, Charme, Esprit, auch einer gewissen Volkstümlichkeit. Es ist die Atmosphäre des Moseltals in Verbindung mit dem leichten Pariser Leben. Es macht Spaß, diese Musik anzuhören. Für die Stadt Trier hat Schmitt als Komponist großes Gewicht. Was ist denn das charakteristisch trierische an Georg Schmitts Musik?Bungert: Das ist eine gewisse Melodienseligkeit, es sind auch die zahlreichen Tänze. Wenn ich Schmitt höre oder spiele, stelle ich mir Landschaftsbilder der Moselregion vor. Wenn wir ein musikhistorisches Pantheon aufbauen, neben welchen Komponisten würden Sie Schmitt platzieren?Bungert: Die besonders witzigen Stücke gehen in Richtung Jacques Offenbach, es gibt auch Berührungen mit Johann Strauß, der ja vier Jahre jünger ist; der Walzer "Mimosa" könnte von Strauß stammen und ist auch auf seinem Niveau, würde ich sagen. Ganz selten klingt Chopin an; dass Schmitt Liszt gekannt hat, hört man manchmal heraus. Wenn man in den polyphonen Abschnitten der Orgelmusik ein Vorbild sucht, dann ist das sicherlich Händel und nicht Bach. Sie sind der Meinung, Mozart sei überbewertet und Schmitt sei zumindest im Trierer Raum unterbewertet. Worin, meinen Sie, liegen die Ursachen dafür?Bungert: Das Repertoire verengt sich immer weiter auf einige wenige Werke. Um Charakterstücke oder kurze Orgelstücke aufzuführen, bleiben immer weniger Möglichkeiten. Darunter leidet die Musik von Georg Schmitt, weil sie nicht zum Standardrepertoire gehört. Ich möchte über den objektiven Wert von Schmitts Kompositionen kein Urteil abgeben, aber sie macht vielen Menschen Freude. Was müsste passieren, damit Schmitts Schaffen im Trierer Musikleben den gebührenden Platz erhält?Bungert: Man muss ihn spielen, ganz einfach. Immer wieder spielen. S Klauspeter Bungert (Foto) lebt als freischaffender Organist und Pianist in Trier. Das Gespräch mit ihm führte TV-Redakteur Martin Möller.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort