Fußball Der Mann mit dem Faible für die Fußballdaten

Neuwied · Als Archivar des Fußballverbands Rheinland sammelt Thomas Hardt Daten und Unterlagen zu Spielen und besonderen Ereignissen. So manch Kurioses hat er auch schon zusammengetragen – und setzt (weiter) auf die Hilfe der Vereine.

Neuwied: Der Mann mit dem Faible für die Fußballdaten
Foto: Thomas Hardt

Aus seiner Liebe zum Fußball hat Thomas Hardt eine Passion entwickelt: Der im Neuwieder Stadtteil Irlich lebende Statistik-Fan archiviert Daten und hat allerhand Besonderheiten auf Lager – auch von Vereinen aus der Region.

An zwei Büchern, die sich mit der Geschichte des 1. FC Köln („Hennes & Co.“ und „Im Zeichen des Geißbocks“) befassen, war Hardt maßgeblich beteiligt, und über die TuS Koblenz legte er ein umfangreiches Archiv an, das er privat erarbeitet hat und Dutzende von Aktenordnern füllt.

Über Jahrzehnte („1973 sah ich den FC noch im alten Stadion in der Radrennbahn spielen – ein 2:0 gegen 1. FC Kaiserslautern.“) war er ein glühender Verehrer der Kölner. Über viele Saisons hinweg schaute er sich fast jede Partie des FC an.

Dass seine Begeisterung für den Geißbock-Club um die Jahrtausendwende merklich abkühlte, hing nicht nur mit dem Kennenlernen seiner heutigen Ehefrau Tina zusammen: „Die Auswüchse des Profigeschäfts mit den Millionengehältern gingen mir einfach zu weit.“ Bodenhaftung ist ihm wichtig. Zur Arbeit an der Basis hatte Hardt schon früh einen engen Bezug: Ein Vierteljahrhundert begleitete er in seiner Heimat die TSG Irlich, welche es einst sogar bis in die damalige Landesliga schaffte: „Bis auf Kassierer und Vorsitzender hatte ich da schon alle Vorstandsämter inne.“

Vor rund fünf Jahren wurde aus gelegentlichen Kontakten zum Fußballverband Rheinland (FVR), in dessen Keller er in alten Dokumenten stöbern durfte, eine feste Beziehung: Hardt ist seitdem offizieller Verbandsarchivar und arbeitet in dieser Funktion auch in der Kommission „Ehrungen und Traditionspflege“ mit. Der „Einstand“ des heute 58-Jährigen war verheißungsvoll, fischte er doch aus den im Koblenzer Archiv gelagerten Unterlagen gleich das Original-Gründungsprotokoll des FVR vom 11. Juni 1949 heraus. Durch ein Hochwasser des Rheins, an dessen Uferpromenade die Geschäftsstelle liegt, sei das Material zwischendurch wohl etwas durcheinandergeraten, vermutet Hardt.

Bildmaterial von Spielen, Zeitungen, Broschüren oder Zeitschriften trägt Hardt in seiner Freizeit – sein Geld verdient er als Produktionsmitarbeiter eines Pharmaunternehmens – ebenso zusammen, wie historische Tabellen.

Hardts Faible für die Fußballdaten wird im Telefonat mit dem TV deutlich. Vieles hat er im Handumdrehen aus dem Gedächtnis parat, bei anderen Themen muss er nur kurz nachschlagen.

Einige markante Daten und Kuriositäten aus Sicht von Mannschaften aus der Eifel-Mosel-Hunsrück-Region kommen so flugs zum Vorschein:

So hat er herausgefunden, dass der VfL Trier das erste Team in der Verbandsgeschichte war, welches seinen Rheinlandtitel erfolgreich verteidigen konnte: 1954 gelang den Heiligkreuzern die Meisterschaft in der damals dritthöchsten Spielklasse, scheiterten allerdings hier in der Aufstiegsrunde zur 2. Liga Südwest an der SpVgg Mainz-Weisenau und dem Saar-Club SV Ludweiler.    Der Aufstieg gelang dem VfL dann 1955.

Nicht etwa die Trierer Eintracht, sondern der FSV Trier-Kürenz, das Ergebnis einer Fusion des FSV 1945 Trier und des FSV Kürenz, war der erste Trierer Oberligist der Saison 1946/47. Die Eintracht schaffte erst 1948 den Sprung in die damals höchste Spielklasse. Die heute in der Kreisliga C Trier/Eifel angesiedelten Kürenzer schrieben gleich zwei Mal Verbandsgeschichte: Zum einen war 1947 das 0:20 gegen die Walter-Elf vom 1. FC Kaiserslautern die höchste Niederlage, die jemals eine deutsche Mannschaft in der gesamten Oberligazeit kassierte, zum anderen ist der FSV der einzige Club zwischen Saar und Sieg, der bereits in jeder Liga unterwegs war. Der höchste Erstligasieg des FSV war in der Saison 1949/50 ein 6:1 – mit Spielertrainer Klaus Müller gegen dessen späteren Verein, für den er noch so erfolgreich sein sollte, Stadtrivale Eintracht.

2005 gelang es jener Eintracht als erstem FVR-Club, mit der  zweiten Mannschaft den Titel des Rheinlandmeisters zu holen, was den Aufstieg in die seinerzeit viertklassige Oberliga Südwest zur Folge hatte.

Auch den FC Bitburg führt Thomas Hardt bei seinem Streifzug durch das Kuriositäten-Kabinett des Verbands auf: Neben dem FC Germania Metternich (Ost) schafften die Südeifeler 1957 als Aufsteiger gleich den Staffelsieg in der (drittklassigen) 1. Amateurliga West.

Und auch das übrige Verbandsgebiet hat allerhand Anekdoten zu bieten, wie etwa jene zu Erich Reith. 1959 war er in der zweigeteilten 1. Amateurliga parallel Trainer beim SC Rhein-Ahr Sinzig und Germania Metternich. Beide Mannschaften beendeten die Saison als Staffelsieger. So stand mit Reith bereits vor dem Endspiel ein Sieger fest. Wie er sich während der 90 Minuten beim Coaching verhielt und ob er beide Mannschaften antrieb, ist in den Unterlagen von Thomas Hardt nicht überliefert, wohl aber das Endergebnis von 4:1 für Metternich.

Viel hat er auch zum ersten offiziellen Länderspiel einer deutschen Frauennationalmannschaft vor 38 Jahren im Koblenzer Oberwerth-Stadion gesammelt (siehe Extra).

In der Verbandszeitschrift „Fußball im Rheinland“ befasst sich der noch als freier Mitarbeiter für eine Wochenzeitung tätige Hardt regelmäßig mal etwa mit besonderen Spielen oder Vereinen, die schon fast in Vergessenheit geraten sind, früher aber mal sehr erfolgreich waren. Ein größeres Projekt hat er schon fest im Blick: „Ich würde gerne ein Buch schreiben zu allen Rheinlandpokalendspielen – mit ausführlicher Statistik und je einer Geschichte, die das jeweilige Match schrieb.“ Ein umfangreiches Werk ist programmiert. Schließlich wird bereits seit 1954 um den Cup gespielt. Erster Sieger war die Spielvereinigung Höhr-Grenzhausen durch ein 2:0 gegen den SV Niederlahnstein – zwei Vereine, die es (so) heute nicht mehr gibt: In der Westerwald-Stadt Höhr-Grenzhausen gab es 2002 eine Fusion mit dem VfL zu den Sportfreunden, und in Lahnstein wurde der Fusionsverein SG Eintracht 2002 im Rahmen eines Insolvenzverfahrens aufgelöst.

Noch weisen die von Hardt zusammengetragenen Daten Lücken auf. Um diese zu schließen, setzt er (weiter) auf eine tatkräftige Unterstützung: „Natürlich sind die Vereine aufgefordert, mitzuhelfen.“

Besonders interessiert ist er so an Ergebnissen, Abschlusstabellen und Hintergründen zur 2. Amateurliga aus dem Raum Trier der Jahre 1949 bis ’63 – damals die vierthöchste Spielklasse und von der Wertigkeit vergleichbar mit der heutigen Bezirksliga.

„Ich bin davon überzeugt davon, dass in den Vereinen  noch die eine oder andere Broschüre schlummert, die uns bei der Aufarbeitung von wichtigen Geschehnissen im Verbandsgebiet helfen könnte“, sagt Hardt. „Schon sehr froh“ wäre er, wenn er diese zumindest leihweise zur Verfügung gestellt bekäme, um die Seiten scannen zu können.

Im Gegenzug bietet er Vereinen etwa zur Erstellung von Jubiläums- und/oder Festschriften an, kostenlos zum Beispiel historische Tabellen zukommen zu lassen.

 Thomas Hardt

Thomas Hardt

Foto: Thomas Hardt
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