Nature One zeigt Flagge

Wer momentan in Deutschland an Techno denkt, hat die Katastrophe von Duisburg vor Augen. Wer eine Massenveranstaltung besucht, sieht die furchtbaren Bilder und Handy-Videos aus dem Tunnel wieder vor sich.

Auch die große Mehrheit der 55 000 Fans auf der Nature One - 5000 weniger als erwartet - hat die Katastrophe von Duisburg mit Sicherheit nicht vergessen oder mit emotionaler Brutalität zur Nebensache degradiert. Sie kamen zwar zusammen, um gemeinsam zu feiern, werten dadurch aber die Tragödie nicht ab.

Duisburg muss und wird Folgen haben. Diese Folgen sind eine kritische Analyse der Sicherheit und des Planungs- und Genehmigungsverfahrens, auf dem diese basiert. Diese Folgen betreffen die Verantwortung - politisch ebenso wie organisatorisch. Doch obwohl bestimmte Politikerkreise mit Sicherheit schon entsprechende Reden entwerfen, darf und wird Duisburg nicht zur Pauschalbegründung eines mit dem Hammer präsentierten Verbots werden. Wie auch immer solche Verbote formuliert sein mögen: Sie bringen nichts. Feiert nicht mehr, sagt alles ab, kommt nicht mehr in Massen zusammen, dann kann auch nichts geschehen? Völliger Unsinn.

Deshalb war es richtig, die Nature One nicht abzusagen. Und es war auch wichtig. Weil es nicht darum gehen darf, aus einem Angstreflex heraus abzusagen, sondern darum gehen muss, zu erkennen, was in Duisburg so furchtbar schief gelaufen ist.

Der Profi-Fußball hat ebenfalls unfassbare Katastrophen erlebt. 1985 starben bei einer Massenpanik im Brüsseler Heysel-Stadion 39 Menschen, 1989 wurden im Hillsborough-Stadion im englischen Sheffield 96 Menschen geradezu zerquetscht. Beide Tragödien haben den Fußball für immer verändert. Sicherheit wurde völlig neu definiert und zur höchsten Priorität der Stadiongestaltung.

Auch Duisburg wird viele Dinge verändern, in den Köpfen ebenso wie hoffentlich in den Anforderungen eines Genehmigungsverfahrens. Bei aller gebotenen Trauer und Pietät darf die Party dennoch weitergehen. So wie es auch beim Fußball war.

j.pistorius@volksfreund.de

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