Nicht mutig, sondern dumm

Hätte Julia Klöckner doch mal gut auf den wohlmeinenden Rat einiger Parteifreunde gehört, die der rheinland-pfälzischen CDU-Spitzenkandidatin geraten hatten: "Geh' bloß nicht nach Bitburg."

Julia Klöckner, die sich selbst gern als "geländegängig" bezeichnet, schlug aber alle Ratschläge in den Wind und stürzte sich am Montagabend sehenden Auges ins politische Verderben. Gewiss war ihr Auftritt in der Heimatbastion ihres Parteifeindes Michael Billen mutig, wie es sich die 37-Jährige selbst bescheinigte. Aber die Fahrt in die raue Eifel war eben auch und in erster Linie eine politische Dummheit.

Mit ihrer eindeutigen Positionierung für die Billen-Herausforderin Mathilde Weinandy hatte Julia Klöckner schon im Vorfeld des Bitburg-Prümer Parteitags all jene Christdemokraten verärgert, die - trotz aller Vorwürfe - hinter Michael Billen stehen.

Dass die designierte Landesparteivorsitzende am Montag aber noch zusätzlich Öl ins Feuer goss, als sie in Bitburg allzu heftig gegen den immer noch gewichtigen Platzhirsch wetterte, machte die ohnehin missliche Lage für die CDU nur noch schlimmer. Julia Klöckner hat mit ihrem von Buh-Rufen, Pfiffen, aber auch Applaus begleiteten Auftritt letztlich die Gräben in der Bitburg-Prümer CDU noch vertieft statt alles zu versuchen, sie zuzuschaufeln. So etwas auch noch als mutige Aktion verkaufen zu wollen, ist schon mehr als abenteuerlich.

Stellt sich auch die Frage, warum das CDU-Führungsduo Christian Baldauf/Julia Klöckner inzwischen von seiner Strategie abgewichen ist, wonach sich Auslaufmodell Baldauf weiter um die "Altlasten" kümmert und Klöckner um die sonnigen Seiten der Partei. Eine an sich kluge Arbeitsteilung.

Nun stehen beide vor einem Scherbenhaufen, für den sie selbst verantwortlich sind. Christian Baldauf und Julia Klöckner wollten beide den ungeliebten Parteifeind aus der Eifel für immer loswerden und haben Michael Billen schließlich durch ungeschicktes Taktieren nur noch stärker gemacht und zugleich die Position der Landes-CDU im Landtagswahlkampf geschwächt. Ministerpräsident Beck und seine Genossen wird es freuen.

In einem Punkt übrigens hatte Julia Klöckner bei ihrem Auftritt in Bitburg ein gutes Näschen. Am nächsten Tag werde wohl in den Zeitungen stehen, Klöckner sei beschädigt, mutmaßte die Spitzenkandidatin noch vor der entscheidenden Abstimmung. Bei dieser Einschätzung kann man ihr nun wirklich nicht widersprechen.

r.seydewitz@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort