Jeder hat das Recht auf meine eigene Meinung ...

Politik

Zum Artikel "Schulz setzt auf Dreyer-Effekt" (TV vom 23. August):
Beim Lesen des Beitrags über den Wahlkampfauftritt des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz mit Parteigenossen in Trier und seiner Aussagen über die AfD ("Organisation der Hetzer") ist mir ein Artikel im Berliner Tagesspiegel vom 17. Februar in den Sinn gekommen, ich zitiere ihn auszugsweise: "Ende Januar hatte Schulz bei seiner Nominierung als SPD-Kanzlerkandidat die anderen Parteien zu einem Fairnessabkommen aufgerufen. ‚Wir werden in diesem Wahlkampf fair mit den politischen Wettbewerbern umgehen', hatte Schulz versprochen. Gemeinsam mit den Mitbewerbern wolle die SPD überlegen, wie mit falschen Nachrichten und Hetze in sozialen Netzwerken umzugehen sei."
Versteht Herr Schulz das unter Fairness, wenn er eine andere demokratische Partei als Organisation der Hetzer und Schande für Deutschland bezeichnet? Ist das eine zielführende, inhaltliche Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner und seinen Argumenten wie immer wieder gefordert? Ich denke nein, aber es passt in das politische Umfeld des Herrn Schulz, jede Meinung, die von seiner eigenen abweicht, zu diskreditieren. Man könnte auch sagen, Meinungsfreiheit à la Schulz heißt: Jeder hat das Recht auf meine eigene Meinung.
Sein Vorwurf der Nazi-Ideologie an den US-Präsidenten Donald Trump fällt vermutlich unter die freie Meinungsäußerung in unserem Staat, das ist halt der Stil unter Populisten (sein Genosse, Justizminister Heiko Maas, wertet das sicherlich nicht als Volksverhetzung). Gespannt bin ich auf das erste Aufeinandertreffen dieser beiden großartigen Politiker mit Herrn Schulz als Bundeskanzler. Ich denke, Herr Trump wird sich daran erinnern, weil das Internet nichts vergisst, und ob das dann deutschen Interessen dienlich ist, bleibt dahingestellt. Auch frage ich mich, wie US-Bürger es bewerten, wenn der Kandidat, der sich für den zukünftigen deutschen Bundeskanzler hält, ihren Präsidenten der Nazi-Ideologie bezichtigt.
Hans-Werner Jost
Morbach

Zum Leserbrief "Wahl der Qual, Qual der Wahl" (TV vom 23. August):
Horst Schorle bringt das ganze Dilemma des Wahlkampfs auf den Punkt. Da ich selber über kein Parteibuch verfüge und zu dem unentschlossenen einen Drittel der Bevölkerung gehöre, macht mir der jetzt noch träge Wahlkampf, in dem fast jede Partei die gleichen Themen hat, die Entscheidung nicht leichter.
Aber wer ist wählbar? Vielleicht die "Mutti der Nation"? Bundeskanzlerin Angela Merkel hat durch die Öffnung der Balkanroute Mitte August 2015 eine humanitäre Katastrophe in Budapest verhindert. Dies ist ihr natürlich nicht hoch genug anzurechnen. Durch ihre immergleiche Politik des Abwartens und Nichtstuns hat sie aber auch vergessen, die Tore wieder zu schließen. Am finanziellen volkswirtschaftlichen Schaden werden die Bürger noch über Generationen zu knabbern haben.
Oder vielleicht der Shootingstar der SPD. Martin Schulz, der als Präsident des EU-Parlaments prächtig verdient hat - von wegen einer von uns! Oder vielleicht die Linke, die SED-Nachfolgepartei, die von realer Politik so weit entfernt ist wie die Erde vom Mond.
Oder die Grünen. Wie die ehemalige Umweltpartei im Moment herumhampelt, zeigt sich zum Beispiel darin, dass einer der beliebtesten Politiker in Deutschland, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, beim Diesel-Gipfel vor der Autolobby erbärmlich in die Knie geht, anstatt für die Gesundheit seiner Wähler zu kämpfen. Was Deutschland im Moment gut gebrauchen könnte, wäre eine liberale Politik. Jetzt hätte ich fast die FDP vergessen. Als die FDP das letzte Mal in der Regierungsverantwortung war, waren die Einzigen, die von liberaler Politik profitiert haben, die Hotelbetreiber, aufgrund einer massiven Bevorteilung bei der Mehrwertsteuer. Im Nachhinein kam heraus, dass die Mövenpick-Kette eine umfangreiche Wahlkampfspende an die FDP geleistet hatte.
Trotz allen Parteien-Wirrwarrs halte ich es für wichtig, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen. Noch eine Anmerkung: Statt die vielen Millionen Euro für Wahlwerbung auszugeben, sollte man das Geld lieber denen zur Verfügung stellen, die keine Lobby haben - Kinder, Rentner und Behinderte.
Mark Reuter
Berndorf

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