leserbriefe Längst überfällig

Zum Artikel „Land will erlauben, dass 16-Jährige Auto fahren dürfen“ (TV vom 9./10. Juni) schreibt Dieter Kahl:

Als berufserfahrener Prüfer und aaS (amtlich anerkannter Sachverständiger für das Kraftfahrwesen), überwiegend im Bereich Fahrlehrerprüfung, Fahrerlaubnisprüfung aller Klassen und Gutachter eingesetzt, halte ich die von Verkehrsstaatssekretär Andy Becht (FDP) und den Verkehrsministern der Länder angestrebte Regelung des begleiteten Fahrens für 16-Jährige für richtig, ja längst überfällig. Im Leben müssen heute vielerorts 16-Jährige schon recht komplizierte Maschinen bedienen; warum sollten sie dann gerade vom Autofahren ausgeschlossen werden?

Meine Erfahrungen decken sich weitgehend mit den in diesem Artikel gemachten Aussagen. Meine Rückkopplung mit den Fahrlehrern ergab, dass in den zwei bis drei Monaten, die den 17-jährigen Fahranfängern im Schnitt verblieben, aus unterschiedlichen Gründen nur wenig angeleitete Fahrzeit geleistet wurde. Die aktive und intensive Fahrleistung begann überwiegend nach dem Erreichen des 18. Lebensjahrs und dann ohne Begleitung. Damit wurde die Chance wenig genutzt, von erfahrenen Personen angeleitet zu werden. Die Wartezeit bis zur Volljährigkeit wirkte sich eher kontraproduktiv aus, da handwerkliche Fähigkeiten bezüglich der Fahrzeugbedienung verloren gingen oder mangels Training bei Bedarf nicht schnell genug umgesetzt werden konnten.

Diese Feststellung erklärt vermutlich auch die überdurchschnittlich hohe Unfallbeteiligung junger Kraftfahrer, nachgewiesen in der jährlichen Unfallstatistik der Polizei. Ich möchte betonen, dass mit dem Erwerb der Fahrerlaubnis nur die Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs erlangt wird. Erst die Praxis macht aus den Fahr­erlaubnisbesitzern einen Kraftfahrer, und Praxis erwirbt man nur durch das Fahren; sei es angeleitet oder allein. Es ist folglich bei Fahranfängern zu überlegen, ob nicht eine bestimmte Mindestkilometerleistung in einer bestimmten Frist generell vorgeschrieben werden sollte, die nachzuweisen ist. Sollte diese Bedingung nicht eingehalten werden, könnte eine Überprüfung durch einen autorisierten Fahrlehrer angeordnet werden. Dies wäre keine erneute Fahrerlaubnisprüfung, sondern lediglich eine protokollierte Sicherheitsüberprüfung zur Hebung der allgemeinen Verkehrssicherheit im Straßenverkehr. Das Erlangen von Verkehrssicherheit hängt nicht nur von der Länge der Begleitphase ab, sondern weitgehend von der in dieser Phase gebrachten Fahrleistung und der Anleitung durch die Begleitperson.

Dieter Kahl, Dipl.-Ing.,Trier

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