Verantwortung und Schuld

Zur aktuellen Berichterstattung über die Loveparade-Katastrophe:

Im Zusammenhang mit den Toten der Loveparade wird der Begriff "Verantwortung" gebraucht. Ich denke, dass drei weitere Begriffe hinzutreten müssen, nämlich "Schuld", "Rechenschaft" und "Konsequenzen". Verantwortung und Schuld sind zwei Seiten einer Medaille: Auf beiden Seiten geht es um Handlungen, die zu Komplikationen führen können bzw. führten.

Beide Begriffe sollten jedoch sauber getrennt werden, damit es keine Wahrheitsverzerrungen gibt, die Fehlverhalten wiederholbar machen können.

Verantwortung tragen alle, die zur Veranstaltung beigetragen haben, also auch die freiheit- und spaßorientierten Teilnehmer, insbesondere diejenigen, die sich den Massen im Tunnel angeschlossen haben. Trügen sie keine Verantwortung, dann müsste man sie als Kinder, Unmündige, Triebmenschen, Herdenvieh usw. bezeichnen. Das maße ich mir nicht an, deshalb: Freiheit ist ein hohes Gut, das aber unlösbar mit Verantwortung gekoppelt ist.

Spaß ist notwendig in einer Wirtschaftswelt, die viel und vielfältigen Druck ausübt. Insoweit ist es verständlich, an Massenveranstaltungen jener Art teilnehmen zu wollen, aber von ihrer Mitverantwortung können die wohl meist jungen Teilnehmer/innen dennoch nicht freigesprochen werden. Jeder, auch der junge Erwachsene, der an Massenveranstaltungen teilnimmt, sollte wissen, dass Komplikationen möglich sind, und entsprechende Eigenvorsorge treffen.

Moralische und justiziable Schuld tragen dagegen diejenigen, die wider besseres Wissen den falschen Ort ausgesucht und die keine funktionierende Organisation aufgebaut haben, so dass Menschen starben. Wer Schuld auf sich geladen hat, wird zur Rechenschaft gezogen, muss die Konsequenzen tragen, seien sie juristischer oder moralischer Art, wie es der Duisburger Oberbürgermeister Sauerland zurzeit erfahren muss.

Im Falle seiner Hauptschuld müsste er gehen, sich gegebenenfalls auch in die große Gruppe der Menschen mit geringen Einnahmen einreihen. Dann würde der abgegriffene Ausdruck "Verantwortung tragen" für ihn spürbar und für viele sichtbar werden. Das sollte im Übrigen auch für alle professionellen Verantwortungsträger gelten. Vielleicht würde dann sorgfältiger mit dem Begriff und den zugrunde liegenden Handlungsweisen umgegangen.

Michael Wilmes, Ralingen-Wintersdorf

tragödie

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