Das Ringen um die Schuldenbremse

Mainz · Das Land gibt Jahr für Jahr erheblich mehr Geld aus, als es einnimmt. Dadurch wächst der Schuldenberg bis Ende 2012 auf rund 32,6 Milliarden Euro. Ab 2020 soll mit der Schuldenmacherei Schluss sein, dann tritt die Schuldenbremse in Kraft. Die Frage ist nur, wie sie umgesetzt wird. Der Teufel steckt im Detail.

Mainz. Adolf Weiland, genannt Adi, ist ein alter Hase. Schon seit 1988 beschäftigt sich der Christdemokrat mit den Landesfinanzen. Damals war er Büroleiter des Finanzministers. Aktuell ist er Fraktionsvize der Union im Landtag, dem er seit 1996 angehört, und verhandelt federführend mit Rot-Grün über die Ausgestaltung der Schuldenbremse.
Weilands Ziel: Bei dem sogenannten Ausführungsgesetz ebenso eine einvernehmliche Regelung zu finden wie Ende 2010, als sich Regierung und Opposition darauf verständigten, die Schuldenbremse in der Landesverfassung zu verankern. Finanzminister Carsten Kühl (SPD) pflichtet bei: "Ein Konsens bei diesem Gesetz wäre hilfreich."
Wer bestimmt über Ausnahmen?


Im Haushalts- und Finanzausschuss sowie in einem Gesprächskreis der Fraktions-Haushälter wird diskutiert. "Gut und konstruktiv", wie Weiland findet. Inhaltlich sind Rot-Grün und CDU aber noch nicht beieinander. Die Union will Änderungen am vorliegenden Gesetzentwurf durchsetzen. Das sind die strittigen Punkte:
Rücklagen: Die Regierung bildet im Haushalt Rücklagen, etwa für den Pensionsfonds (Altersabsicherung der Landesbeamten) oder mit Sondervermögen für die Hochschulen. Die CDU fordert: Rücklagen dürfen nur gebildet werden, wenn der Haushalt bei Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen ist, also nicht mit Krediten. "Das macht keinen Sinn", sagt Weiland.
Ausnahme Konjunktur: Grundsätzlich dürfen laut Schuldenbremse ab 2020 keine Kredite mehr aufgenommen werden, doch es gibt Ausnahmen. Eine lautet: Wenn die Konjunktur lahmt und dadurch Defizite im Haushalt entstehen, sind Kredite möglich. Strittig ist das Verfahren zur Ermittlung konjunktureller Defizite - wer stellt sie wie fest?
Die Landesregierung schlägt vor: per Rechtsverordnung. Eine solche würde das Finanzministerium erlassen. Die CDU lehnt das ab. Sie will im Sinne der Transparenz eine Gesetzesregelung und damit das Parlament beteiligen, sowohl beim Verfahren als auch bei der Feststellung des Betrages.
Finanzminister Kühl verweist auf den Bund, der ebenso mit Rechtsverordnungen arbeite, und darauf, dass ein Gesetzesverfahren jeweils rund acht Monate dauere. Eine "gewisse Flexibilität beim Regierungshandeln muss sein." Kühl signalisiert aber Entgegenkommen: "Wir könnten die Rechtsverordnung von der Zustimmung im Haushalts- und Finanzausschuss abhängig machen, dann wäre der Landtag beteiligt."
Ausnahme Steuermindereinnahmen: Rheinland-Pfalz hat diese Ausnahme, um ab 2020 möglicherweise neue Schulden zu machen, unter dem Namen "Strukturanpassungskredite" in seine Verfassung aufgenommen. Die CDU hat unter Bauchschmerzen zugestimmt. "Es ist unter Verfassungsrechtlern strittig, ob das zulässig ist oder nicht", sagt Adolf Weiland. Auf keinen Fall dürfe aber "ein beliebiges Schlupfloch für neue Schulden entstehen".
Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht vor, dass solche Kredite mit einem einfachen Landtagsbeschluss zulässig sein sollen. Die CDU will grundsätzlich eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments. "Dann wäre unabhängig davon, wer regiert, jeweils die Zustimmung der Opposition erforderlich", begründet Haushaltsexperte Weiland.
Finanzminister Carsten Kühl hält entgegen: "Selbst, wenn wir es so machen würden: Das ist ein einfaches Gesetz und könnte später einfach geändert werden." Mit Blick auf den grünen Koalitionspartner sagt Kühl: "Erforderliche Zweidrittelmehrheiten sind für das Selbstverständnis kleiner Parteien schwierig."
Das Ringen um die Schuldenbremse zwischen Regierung und Opposition geht in den nächsten Wochen weiter. "Rot-Grün könnte das auch selbst regeln", sagt Finanzminister Kühl. Um anzufügen: "Es täte der politischen Kultur gut, wenn wir das einstimmig hinbekämen."

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